Aktuell liest man in jedem zweiten Magazin Artikel dazu, wie man in der Coronakrise Streit vermeiden kann. Es stimmt auch: In Beziehungen wird gerade unfassbar viel gestritten. Wenn du und dein Mann euch momentan nur noch fetzt, seid ihr damit keineswegs alleine.
Nachdem der Peak der Coronakrise in China vorbei war und die Standesämter nach der Quarantäne wieder öffneten, wurden sie von Scheidungswilligen praktisch überrannt. Scheidungstermine waren für mehrere Wochen ausgebucht.
Ein Grund dafür waren die Paare, die sich sowieso scheiden wollten, aber nicht konnten, weil die Standesämter geschlossen waren. Der andere Grund waren jedoch die Paare, die in der Quarantäne aufeinander hocken mussten und bei denen deshalb viele Konflikte hochgekommen sind. Tipps um Streit zu vermeiden hätten diesen Paaren aber nicht geholfen.
Streit ist wichtig. Er bringt in einer Beziehung das an die Oberfläche, was darunter schon lange brodelt. Streit zu vermeiden ist deshalb in etwa so effektiv, wie Schmutz unter den Teppich zu kehren. Irgendwann kann man nicht mehr über den Teppich laufen, weil es bei jedem Schritt knuspert. Lässt man die Krümel trotzdem weiter unter dem Teppich gammeln, wird der Stoff von Maden befallen und dann kann man den Teppich wegschmeißen.
Was viel wichtiger ist, sind also Tipps, wie man Streit nutzen kann, um die Beziehung zu stärken. Denn genau dafür ist Streit eigentlich gedacht.
Lesetipp: 4 unscheinbare Dinge, mit denen du deine Beziehung selbst zerstörst
1# Maßnahme: Beziehung stärken mit einem Freifahrtschein pro Tag
Diese Maßnahme ist für mich die mit Abstand einfachste und damit effektivste. Wenn etwas einfach umzusetzen ist, macht man es nämlich auch. Deshalb habe ich in meiner Ehe schon vor langer Zeit die 1-Freifahrtschein-pro-Tag-Regel eingeführt – und mein Mann weiß es nicht einmal.
Die Regel ist simpel: Er bekommt von mir jeden Tag gedanklich einen Freifahrtschein, um etwas zu machen, dass mich wirklich nervt.
Der Gedanke dahinter ist, dass man sich in einer Beziehung viel zu oft über irgendwelche Kleinigkeiten aufregt. Dann streitet man sich, weil jemand den Teller nicht in die Spülmaschine geräumt hat.
Leider merken wir in solchen Momenten nicht, dass wir uns gerade unnötig streiten. In dem Moment erscheint es immer wichtig. Hier kommt die Freifahrtschein-Regel ins Spiel.
Wenn ich sehe, dass im Büro ein schmutziger Teller steht, ärgere ich mich nicht darüber. Ich räume ihn einfach selbst in die Spülmaschine und verbuche das als den Freifahrtschein des Tages für meinen Mann. Dann vergesse ich das Ganze und der Tag geht weiter – ganz ohne unnötigen Streit.
Dann passiert etwas Erstaunliches: Meistens war das die einzige nervige Tat des Tages. An manchen Tagen gibt es sogar gar keine.
Das konnte ich auch erst nicht glauben, aber teste es einmal. Vermutlich wirst du den Freifahrtschein auch nicht jeden Tag brauchen.
Wenn du deinen Partner anmotzt, weil er irgendwas gemacht hat, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass er den Rest des Tages auch motzig ist (oder wenigstens eine Zeit lang). Dann hat er nicht das Bedürfnis, etwas Nettes für dich zu tun. Vielleicht lässt er dann aus Trotz sogar mehr Geschirr rumstehen.
Wenn du dagegen dank des Freifahrtscheins weniger motzt, wirkt sich das positiv auf den Rest des Tages aus.
Dein Mann wird früher oder später merken, dass du ihm manche Dinge durchgehen lässt. Wenn er zum Beispiel sieht, dass du seinen schmutzigen Teller weggeräumt hast, ohne es auch nur mit einem Wort zu erwähnen.
Dann wird er erstens entspannter leben und zweitens dankbar sein! Wegen dieser Dankbarkeit wird er auch großzügiger mit deinen Macken umgehen. Dann lässt er dir auch mehr durchgehen. Am Ende profitiert ihr also beide von der Freifahrtschein-Regel.
Tipp: Es gibt ein super Buch zu dem Thema. Es heißt „Alles kein Problem: Das Buch für alle, die sich nicht mehr so leicht verrückt machen lassen wollen“ von Richard Carlson (hier bei Amazon bestellen)*. Darin geht es genau um solche unnötigen Kleinigkeiten, denen wir viel zu viel Raum geben. Auf Englisch gibt es sogar eine Version, in der es speziell um sinnfreie Streitigkeiten in Beziehungen geht. Du kannst „Don’t Seat the Small Stuff in Love“ gleich hier bei Amazon bestellen.*
2# Maßnahme: Beziehung stärken mit einer guten Tat pro Tag
Die Freifahrtschein-Regel ist ganz nah dran an einer guten Tat pro Tag. Man könnte schließlich argumentieren, dass es bereits eine gute Tat ist, wenn du zum Beispiel seinen schmutzigen Teller wegräumst – oder wofür auch immer der Freifahrtschein des Tages aufgebraucht wurde.
Doch die „gute Tat pro Tag“-Regel geht noch einen Schritt weiter. Hierbei stellst du dir jeden Tag bewusst die Frage: „Was kann ich heute tun, um meinen Partner glücklich zu machen?“.
Wenn du deine Beziehung wirklich stärken möchtest, reicht es nämlich nicht, nur weniger zu meckern.
Erinnere dich an die Anfangszeit eurer Beziehung. Wahrscheinlich hast du damals ständig nette Kleinigkeiten für deinen Partner gemacht. Das gilt es wieder aufleben zu lassen.
Liebenswerte Kleinigkeiten sind genau das, was eine Beziehung ein Leben lang glücklich sein lässt.
Bring ihm seine Lieblingssalami beim Einkaufen mit. Guck mit ihm die Serie, die er so spannend findet. Übernimm einen Abend lang das Kochen, während er sich einfach entspannen darf.
Es kann sein, dass du innerlich einen Widerstand gegen diese Maßnahme fühlst. Vielleicht zweifelst du, ob dein Mann es überhaupt verdient hat, dass du ihn glücklich machst. Schließlich gibt er sich nicht dieselbe Mühe für dich. Wann hat er das letzte Mal etwas für dich getan? Wenn du solche Gedanken hast, hast du vermutlich noch einiges an Groll gegen ihn abzubauen. Tue das zuerst.
Hier erfährst du wie: Groll hegen: Wenn du deinen Partner nicht einmal mehr leiden kannst
Und dann mache dir das Prinzip der Gegenseitigkeit bewusst: Wie du mir, so ich dir. Das gilt in Liebesbeziehungen zu 100%.
Wenn du jeden Tag aufs Neue daran denkst, etwas Liebes für deinen Mann zu tun, wird er den Gefallen früher oder später erwidern. Er kann nicht anders. Irgendwann wird er ein schlechtes Gewissen haben, weil du so nett bist und so viel tust. Dann wird er nicht anders können, als sich bei dir zu revanchieren. Dann gebt ihr beide jeden Tag alles, um euch gegenseitig glücklich zu machen – und das ist schließlich genau das, was du willst.
Einer von euch beiden muss nur den Anfang machen.
Tipp: Ich habe diesen Ratschlag vom Psychologen und amerikanischen Talkshow-Moderator Dr. Phil. Er hat auch einen Beziehungsratgeber geschrieben, den ich super lesenswert finde. Dieses Buch gibt es leider nicht auf Deutsch, auf Englisch kannst du „Love Smart: Find the One You Want – Fix the One you Got“ jedoch gleich hier bei Amazon bestellen.*
3# Maßnahme: Beziehung stärken, indem du seine Angebote annimmst
Nehmen wir an, ihr schaut gerade fern, während dein Partner plötzlich seufzt. Du könntest jetzt einfach weiter fernsehen, oder du könntest ihn fragen, was los ist.
Wenn du dich für die erste Option entscheidest, schadest du eurer Beziehung. Mit der zweiten hilfst du ihr.
Sein Seufzen war tatsächlich ein sogenanntes „Beziehungsangebot“, das du annehmen oder ablehnen kannst. Dr. John Gottman hat diesen Begriff geprägt. Er hat in einem Labor untersucht, wie frisch verheiratete Paare miteinander interagieren. Diejenigen, die sechs Jahre später noch verheiratet waren, hatten solche Beziehungsangebote in 86% der Fälle angenommen. Diejenigen, die später geschieden waren, nur in 33% der Fälle.
Wie oft nimmst du die Beziehungsangebote deines Mannes an? Wenn es nur jedes dritte Mal ist, sieht es nicht gut für euch aus.
Beziehungsangebote können mal kleiner und mal größer ausfallen. Manchmal ist es vielleicht der Seufzer, mit dem dein Partner signalisieren möchte, dass er Redebedarf hat. Manchmal ist es der spontane Kuss beim Fernsehen und manchmal kann es auch ein Beziehungsangebot sein, wenn er dich um Hilfe beim Wäschefalten bittet.
Ob klein oder groß – wenn du lernst, seine Beziehungsangebote zu erkennen und sie dann annimmst, sicherst du eure Beziehung laut Gottman sogar gegen eine Scheidung ab.
Die meisten Paare haben im besten Fall eine so-la-la-Ehe. Im schlimmsten Fall leben sie im dauerhaften Ehekrieg. Wenn du dich damit nicht zufrieden geben willst, darfst du deine Ehe nicht so leben wie die meisten Paare. Komm in meinen Newsletter und erhalte exklusive Tipps, über die unglücklich Verheiratete dankbar wären. Du kannst dich gleich hier anmelden.
4# Maßnahme: Beziehung stärken, indem ihr Dauerbelastungen beseitigt
In der Coronakrise ist die größte Dauerbelastung, dass das normale Leben noch nicht möglich ist. Daran lässt sich aber gerade wenig machen. Geh spazieren, verbring einen Abend im Schlafzimmer, während er im Wohnzimmer bleibt, oder telefoniere ein paar Stunden mit deiner besten Freundin. Du weißt selbst am besten, was dir helfen wird. Darüber müssen wir nicht extra reden.
Reden wir lieber über die Dauerbelastung, die immer Teil eurer Beziehung ist. Die, die rein gar nichts mit Corona zu tun hat: der Alltagsstress.
Krisen bringen Paare einander oft näher. Man hat großes Verständnis und Mitgefühl für die Situation des Anderen, weil man selbst auch drinsteckt. Außerdem weiß man bei Krisen, dass sie zeitlich begrenzt sind (im Normalfall).
Mit einer Dauerbelastung wie dem Alltagsstress ist das aber eine andere Sache. Alltagsstress begleitet uns tagein, tagaus – für immer. Das Tückische daran ist jedoch, dass jeder von uns Alltagsstress in einer anderen Form erlebt. Deshalb fehlt beiden das Verständnis für die Situation des Anderen.
Der klassische Fall, von dem jeder schon gehört hat: Er denkt, sie darf den ganzen Tag mit ihrem gemeinsamen Kind verbringen, das er bei der Arbeit vermisst. Sie denkt, er darf sich den ganzen Tag mit anderen Erwachsenen austauschen, was ihr fehlt. Jeder denkt, er hätte es schlimmer erwischt.
Am Ende des Tages fehlt beiden die Energie, um miteinander zu reden und so für Verständnis zu sorgen.
Wer seine Beziehung stärken möchte, muss also Dauerbelastungen reduzieren.
Welche Dauerbelastung reduziert werden muss, ist von Paar zu Paar unterschiedlich. Für manche ist es die Investition in eine Putzkraft, für andere müssen die Besuchszeiten der Schwiegereltern reduziert werden.
Meistens stecken wir in diesen Dauerbelastungen, weil wir glauben, wir könnten sie nicht ändern. Das ist eine Lüge. Lass dich nicht von deinem Gehirn verunsichern. Du kannst alles in deinem Leben ändern.
Finde heraus, was eure Dauerbelastungen sind und dann reduzier sie – gnadenlos. Wie du das machst? Schreibe alles auf, was dich im Alltag nervt. Da hast du die Liste deiner Dauerbelastungen. Dann überlege dir für jede mindestens 2-3 Lösungsansätze (zwing dich nicht realistisch zu sein). Vermutlich sind die meisten deiner Ideen durchaus praktikabel, wenn du dir nur einmal Zeit nimmst, dir Lösungen zu überlegen.
Lesetipp: „Mein Mann ist faul“ – 3 Schritte, um das zu ändern
5# Maßnahme: Beziehung stärken mit der 4-Minuten-Regel
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass eine ganze Unterhaltung erloschen ist, weil jemand einen negativen Kommentar abgegeben hat? Die Stimmung war danach im Keller. Mit etwas Glück hat sie sich wieder aufgerappelt, als die Person weg war.
Trotzdem ist Dampfablassen ganz oft das Erste, was wir tun, wenn wir nach Hause kommen. Wir kommen zur Tür rein und erzählen von all den blöden Dingen, die am Tag passiert sind. Damit haben wir aber den Tenor für den Abend bestimmt. Es wird kein lustiger und ausgelassener Abend. Es wird ein ausgelaugter Abend. Obwohl in der Beziehung eigentlich nichts vorgefallen ist.
Die Lösung für dieses Problem ist simpel: Die 4-Minuten-Regel.
Die 4-Minuten-Regel besagt, dass ihr in den ersten vier Minuten nur über Positives sprechen dürft. Erzähl deinem Partner von dem witzigen Moment an der Supermarktkasse, von deinem erfolgreichen Meeting, oder von der schönen Überraschung, die du erlebt hast. Es ist eigentlich egal, worüber ihr redet, Hauptsache es ist positiv.
Damit legst du den Grundstein für eine schöne und lustige Unterhaltung. Wer weiß, vielleicht hast du danach gar keine Lust mehr, dich über den Kollegen aufzuregen, der heute schon wieder versucht hat dich zu hintergehen.
Die 4-Minuten-Regel selbst wird eure Beziehung nicht stärker machen. Die Konsequenz daraus sind aber positive gemeinsame Erlebnisse und die werden eure Beziehung stärken.
Positive gemeinsame Erlebnisse sind das Fundament jeder Beziehung. Deshalb erinnern wir uns auch so gerne an die Anfangszeit, als wir noch frisch verliebt waren. Das ist eine ganze Serie positiver Erlebnisse, aus der man noch den Rest seines Lebens Kraft schöpfen kann.
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6# Maßnahme: Beziehung stärken durch Streit
Streit kommt nicht dann, wenn er angebracht ist, sondern dann, wenn ihr Zeit dafür habt. Deshalb streiten so viele Paare im Urlaub.
Diese Streite könnt ihr aber nutzen, um eure Beziehung zu stärken. Ihr müsst es bloß richtig angehen und das hat NICHTS mit „Ich-Botschaften“ und und tief durchatmen zu tun. Ihr müsst dafür bloß eine Sache tun: Aufhören zu streiten bis einer gewonnen hat.
Meistens wird so gestritten: Du versuchst ihn davon zu überzeugen, dass du recht hast, während er dir erklärt, warum er recht hat. Dann beschießt ihr euch so lange mit Gegenargumenten, bis einer aufgibt oder es komplett eskaliert. Beides schwächt eure Beziehung.
Versuch stattdessen lieber etwas über seinen Standpunkt zu lernen. Den hast du nämlich garantiert noch nicht verstanden. Du glaubst vielleicht, dass du weißt, was er meint, aber wenn du genau nachfragen würdest, wärst du erstaunt.
Du glaubst, sein Standpunkt wäre das Gegenteil von deinem. Deshalb streitet ihr. Das ist aber selten wirklich so.
Versuch zu verstehen, was ihm wirklich wichtig ist. Dann wirst du vermutlich feststellen, dass seine Ansicht gar nicht so absurd ist – und sogar zu deiner passt.
Wenn beim Streit beide versuchen den Anderen zu verstehen, statt ihn zu überzeugen, stellen sie meistens fest, dass sie beide haben können, was sie wollen, weil es sich nicht gegenseitig ausschließt.
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