Liebe Inga,
(…) Ich bin seit zwei Jahren in einer Fernbeziehung und zurzeit sehr unglücklich. Wenn ich es mit einem Satz zusammenfassen müsste, wäre es wohl, dass mein Freund emotionale Intimität meidet. (…) Ich fühle mich dadurch oft einsam und nicht verstanden. Wenn ich das Thema anspreche, erkennt er mein Bedürfnis zwar an, versteht aber (…) überhaupt nicht, was genau ich eigentlich von ihm will. Ich möchte mich so gerne mit ihm über Gott und die Welt austauschen, aber für ihn ist das immer diffus, unstrukturiert, zu wenig zielorientiert.
Ein bisschen kann ich das sogar nachvollziehen, da mein Wunsch sehr abstrakt ist. Doch kann ich es ihm auch nicht anders erklären, als dass mir allgemein emotionale Nähe fehlt.
Gespräche, die so etwas ermöglichen, entstehen zwischen uns nicht. Lediglich mal ansatzweise, wenn wir beispielsweise zusammen im Kino waren und uns danach noch über den Film unterhalten. Von meinen übrigen sozialen Beziehungen kenne ich das so nicht: Da fängt man an zu erzählen und eins kommt auf das andere.
Ich habe versucht, Lösungen zu finden. Die klassische Pärchenzeit bringt leider gar nichts, da ein gemeinsamer Ausflug auch wunderbar oberflächlich bleiben kann. (…) Ich habe schon katalogartige Fragen gestellt (à la „Wie sähe eine perfekter Tag für dich aus?“), aber das wirkt schnell gekünstelt. (…)
Manchmal reden wir auch tatsächlich, dann über ihn. Das ist für mich ein Stück weit ok, weil ich gerne zuhöre. Doch wünsche ich mir auch mal, dass er sich für mich interessiert (…) Inzwischen erzähle ich hin und wieder einfach irgendetwas von mir. Auf kleine Anekdoten als mögliche Aufhänger für ein Gespräch geht er jedoch nicht ein (…)
Mein größter Wunsch wäre wohl, wenn er mir einmal von sich aus und aus reiner Neugier Fragen stellen würde zu meiner Person, meiner Geschichte, meinen Wünschen, Hoffnungen, Ängsten. Anders als vielerorts beschrieben, haben wir anfangs nicht Nächte lang durchgequatscht. Er fand mich toll, aber es war nicht so, dass er alles über mich wissen wollte. (…)
Ich weiß, dass er nicht gut über Gefühle sprechen kann. Er selbst sagt das von sich und ich beobachte es auch. Vor dem Hintergrund seiner Erziehung ist das für mich auch nachvollziehbar und ich liebe ihn trotzdem. Aber mittlerweile kann ich einfach nicht mehr.
Er ist eigentlich ein toller Mann, bringt mir gerne kleine Geschenke mit, reist quer durch Deutschland, um mich zu sehen, bringt mich zum Lachen. Er zeigt auch durchaus die Fähigkeit zur Selbstreflexion und ist, so glaube ich, im Inneren eigentlich auch kein oberflächlicher Mensch. Vermutlich gibt er sich wirklich Mühe.
(…) Ich glaube ihm, dass er mich liebt (das sagt er mir auch oft), aber manchmal frage ich mich, was er damit meint. Da ich mich oft so entfremdet von ihm fühle, habe ich das Gefühl, er liebt nicht mich als Mensch, sondern bloß meine Funktion, die Rolle, die ich in seinem Leben erfülle. (…)
Ich stehe kurz vor der Trennung. Es hat einfach keinen Sinn mehr. Jedoch wollte ich nichts unversucht lassen und einfach mal fragen, ob du vielleicht noch einen Rat hast. (…)
Der Wunsch nach emotionaler Intimität ist wirklich etwas “diffus, unstrukturiert, zu wenig zielorientiert”, wie du sagst. Dabei werden ihn sehr viele Menschen mit dir teilen. Emotionale Intimität ist letztlich das, was uns ein Gefühl von Verbundenheit gibt. Ich weiß etwas von dir, was sonst keiner weiß. Man fühlt sich gesehen und angenommen, wodurch man sich entspannen und in der Beziehung man selbst sein kann.
Entsprechend kräftezehrend ist es, wenn die emotionale Intimität in einer Beziehung fehlt. Dann fühlst du dich eben nicht mit all deinen Facetten wahrgenommen und das erklärt das Gefühl von Einsamkeit, obwohl du nicht alleine bist.
Emotionale Intimität ist etwas, das elementar für die meisten Menschen ist, trotzdem können nur die Wenigsten in Worte fassen, was genau sie damit eigentlich meinen. Emotionale Intimität ist kein feststehender Begriff, unter dem sich jeder das Gleiche vorstellt. Aber wer verstanden werden möchte, muss sich verständlich machen können. Also besprechen wir erst einmal, was emotionale Intimität ist und warum sie in deiner Beziehung vielleicht fehlt.
Was bedeutet emotionale Intimität? Eine Definition
Intimität kommt vom lateinischen Wort “intimus”. Das ist eine Steigerung und bedeutet “innerste”. Bei Intimität geht es folglich darum, das Innerste eines Menschen zu sehen. Dann kommt noch das Wort “emotionale” hinzu. Emotion wird definiert als “psychische Erregung” oder “Gemütsbewegung”. Wir kombinieren also, dass es um intime Gedanken und Gefühle geht. Das bedeutet: Emotionale Intimität entsteht da, wo zwei Menschen ihre innersten Gedanken und Gefühle teilen. So weit, so gut. Jetzt kommt aber der Knackpunkt: Nicht jeder kann und nicht jeder will sein Innerstes preisgeben.
Ein kleiner Zusatz: Bei emotionaler Intimität werden Gedanken und Gefühle nicht bewertet. Alles, was die Partner miteinander teilen, ist gleich wertvoll. Deshalb kannst du einen Moment der Verbundenheit genauso gut spüren, wenn ihr euch über einen Film unterhaltet, nachdem ihr im Kino wart, oder wenn ihr über ein zutiefst persönliches Thema sprecht.
Wenn emotionale Intimität fehlt, ist diese Sache NICHT der Grund dafür
Wenn emotionale Intimität in einer Beziehung fehlt, gibt es verschiedene Ursachen dafür. Aber was ausdrücklich nicht der Grund dafür ist: Dein Partner ist nicht egozentrisch, er ist auch nicht desinteressiert und ein Mangel an Liebe für dich ist auch nicht das Problem.
Du schreibst selbst: “Er ist eigentlich ein toller Mann, bringt mir gerne kleine Geschenke mit, reist quer durch Deutschland, um mich zu sehen, bringt mich zum Lachen.“ Er zeige außerdem “durchaus die Fähigkeit zur Selbstreflexion” und gebe sich “wirklich Mühe”. Das klingt nicht nach einem Arsch, auch nicht nach einem Narzisst. Die Wahrscheinlichkeit, dass dein Freund sich einfach nicht für dich interessiert, sinkt damit massiv.
Auch dass er nicht dich “als Mensch” liebt, sondern bloß deine “Funktion” oder “die Rolle”, die du in seinem Leben erfüllst, halte ich für unwahrscheinlich. Menschen, die dich nur für deine Funktion in ihrem Leben lieben und für die du weitestgehend austauschbar bist, sind eher die Ausnahme. Darüber hinaus haben wir die Optionen Arsch oder Narzisst schon so ziemlich ausgeschlossen.
Abgesehen davon liebt dich jeder Mensch ein Stück weit für die Funktion, die du in seinem Leben erfüllst. Bedingungslose Liebe ist ein Mythos. Selbst Eltern lieben ihre Kinder, weil es ihre Kinder sind. Aber er liebt dich eben nicht nur dafür.
Wenn dein Freund dich nur für die Funktion lieben würde, die eine Partnerin in seinem Leben erfüllt, würde er sich eine suchen, die weniger Probleme macht als du. Ihr lebt in einer Fernbeziehung und du bist aktuell sehr unglücklich mit ihm. Das sind zwei sehr große Nachteile. Wenn es ihm nur darum gehen würde, dass er eine Partnerin hat, könnte er das auch einfacher erreichen.
Wenn du dich fragst, warum dein Freund dir keine Fragen zu deiner Person, deiner Geschichte, deinen “Wünschen, Hoffnungen, Ängsten” stellt, lautet die Antwort also nicht, weil er dich nicht liebt, oder weil er sich nicht für dich interessiert, oder weil er sich nur um sich selbst dreht. Nichts davon.
Lies auch: Wann weiß man, dass die Beziehung keinen Sinn mehr hat?
Warum fehlt die emotionale Intimität in deiner Beziehung?
Ich habe es bereits erwähnt, nicht jeder Mensch kann oder will sein Innerstes preisgeben. Damit emotionale Intimität zwischen zwei Menschen entstehen kann, müssen nämlich ein paar Faktoren gegeben sein:
- Emotionale Intelligenz (um die eigenen innersten Gedanken und Gefühle wahrnehmen und verbalisieren zu können und die des Anderen zu verstehen)
- Ein selbstbestätigtes Selbstempfinden (wir besprechen noch, was genau das ist)
- Positive Kommunikation (damit die Beziehung ein geschützter Raum wird, indem man sein Innerstes zeigen kann)
Sobald einer dieser Faktoren nicht gegeben ist, oder nicht ausreichend gegeben ist, wird emotionale Intimität schwierig bis unmöglich. Sprechen wir nun über jeden Faktor im Detail, damit du einschätzen kannst, was vielleicht bei euch das Problem ist.
Abonniere gleich hier meinen Newsletter und verpasse keinen meiner Artikel mehr!
1# Emotionale Intimität fehlt, wenn einer oder beide Partner nicht emotional intelligent sind
Du schreibst, dass du weißt, dass “er nicht gut über Gefühle sprechen kann”, was für dich “vor dem Hintergrund seiner Erziehung” nachvollziehbar ist. Vermutlich ist das schon ein großer Knackpunkt in eurer Situation.
Kinder lernen von ihren Eltern, welche Gefühle und Gedanken sie haben und wie sie diese verbalisieren können. Bekommt das Kind ein Geschenk, zeigen die Eltern selbst Freude und sagen etwas wie: “Wow, das ist aber ein schönes Auto. Freust du dich?”. Weint das Kind, zeigen die Eltern Mitgefühl. Haut es einem anderen Kind mit einer Schaufel auf den Kopf, weint das andere Kind und das Kind mit der Schaufel versteht, dass auch andere Kinder traurig sein können. Eltern erklären all diese Prozesse. So lernen Kinder ihre eigenen und auch die Gefühle anderer Menschen zu verstehen. Diese Fähigkeit nennt man: “Emotionale Intelligenz“.
Wenn unsere Eltern uns in unserer emotionalen Entwicklung nicht adäquat begleiten, lernen wir emotionale Intelligenz nicht. Aber manche Eltern können ihren Kindern emotionale Intelligenz gar nicht vermitteln, weil sie vielleicht selbst von ihren Eltern nicht gelernt haben, wie man Gefühle und Gedanken wahrnimmt und in Worte fasst.
Ohne emotionale Intelligenz wissen wir selbst nicht, was wir fühlen und denken. Wie sollen wir es dann einem anderen Menschen mitteilen? Wir können unser Innerstes nicht preisgeben, wenn wir es selbst nicht kennen.
Die gute Nachricht ist: Wenn dein Partner als Kind von seinen Eltern nicht gelernt hat, wie er über Gefühle sprechen kann, kann er das im Erwachsenenalter nachholen. Emotionale Intelligenz ist erlerntes Verhalten und lernfähig bleiben Menschen zum Glück ein Leben lang.
Lies auch: Zweite Chance für die Beziehung: Wann sie sinnvoll ist
2# Emotionale Intimität fehlt, wenn du und dein Partner ein fremdbestätigtes Selbstempfinden habt
Wir haben gerade gelernt, dass Kinder mit den Jahren ein sogenanntes “Selbstempfinden” entwickeln, indem ihre Eltern sie spiegeln. Mama sagt, dass ich traurig bin, also bin ich traurig. Das Selbstempfinden eines Kindes ist also erstmal auf seine Bezugspersonen ausgerichtet. Man nennt das “fremdbestätigtes” Selbstempfinden.
Wächst das Kind heran und wird dabei von seinen Eltern adäquat begleitet, reift das fremdbestätigte Selbstempfinden und wird zu einem selbstbestätigten Selbstempfinden. Hier liegt der zweite Knackpunkt. Manche Menschen bleiben beim fremdbestätigten Selbstempfinden stecken und dann wird emotionale Intimität schwierig.
Damit aus einem fremdbestätigten ein selbstbestätigtes Selbstempfinden werden kann, müssen wir darin ermutigt werden, unsere eigenen Gedanken und Emotionen zu äußern. Auch wenn sie irgendwann von dem abweichen, was unsere Eltern gerne hätten. Wir müssen also lernen, dass es sicher ist, sich mitzuteilen, und dass wir dafür keine Ablehnung erfahren. Manchmal passiert das aber nicht. Manche Eltern bestrafen ihre Kinder sogar, wenn sie von dem abweichen, was die Eltern wollen und zum Beispiel negative Gefühle wahrnehmen und zeigen.
Dann lernen wir, dass es besser ist, unser Innerstes nur noch eingeschränkt zu zeigen. Wir können Intimität dann trotzdem erleben, allerdings nur eine fremdbestätigte Intimität und die hat einige Nachteile.
Was ist “fremdbestätigte” Intimität?
Bei fremdbestätigter Intimität teilen wir unsere Gedanken und Gefühle nur, wenn wir uns sicher sind, dass der Andere sie akzeptieren wird. Wir zeigen unser Innerstes also, aber nur wenn es auch angenommen wird.
Deshalb verpufft fremdbestätigte Intimität, sobald es in der Beziehung zu Konflikten kommt. In Krisenzeiten wird die Ablehnung unserer Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse wahrscheinlich, weil sie im Konflikt zu denen des Partners stehen, also hören wir dann auf, uns mitzuteilen. Im Resultat gibt es keine emotionale Intimität in der Beziehung mehr.
Ein weiterer Nachteil von fremdbestätigter Intimität ist, dass du dir nie sicher sein kannst, dass dein Partner dich so liebt, wie du wirklich bist. Er darf ja lediglich die Teile von dir sehen, von denen du schon weißt, dass er sie gutheißt. Alle weiteren Aspekte deiner Persönlichkeit bleiben im Verborgenen.
Fremdbestätigte Intimität verpufft nicht nur in Beziehungskrisen, sie verursacht sie auch häufig. Bei einem fremdbestätigten Selbstempfinden werden nicht nur Gedanken und Gefühle selektiv geäußert, sondern auch Bedürfnisse. Sobald in einer Beziehung Bedürfnisse nicht mehr erfüllt werden, läuft der Countdown, wie lange diese Beziehung noch aufrechterhalten wird.
Vielleicht fehlt also emotionale Intimität in eurer Beziehung nicht vollständig, sondern ihr habt lediglich eine fremdbestätigte Form der Intimität bisher gelebt und die ist nunmal nicht stabil.
Du willst auch einen Rat von mir zu deiner Beziehungssituation? Dann schreib mir eine Email an hallo@fraginga.de. Ich freue mich von dir zu hören.
“Echte” Intimität entsteht aus einem selbstbestätigten Selbstempfinden
Wenn wir uns emotionale Intimität wünschen, meinen wir damit in der Regel, dass wir uns einen Partner wünschen, der uns akzeptiert und unsere Gedanken und Gefühle bestätigt, im besten Fall sogar nachempfindet und etwas Ähnliches von sich preisgibt. In solchen Momenten fühlen wir uns gesehen, verstanden und verbunden. Aber das ist nur eine Seite von Intimität.
Intimität bedeutet: Wir sehen das Innerste eines Menschen. Zum Innersten gehören sowohl die schönen als auch die hässlichen Seiten und alles, was dazwischen liegt. Deshalb kann Intimität auch so aussehen, dass ich etwas von mir preisgebe und mein Partner es nicht nachempfinden kann.
Bei selbstbestätigter Intimität spielt die Reaktion des Partners keine Rolle. Ich teile mein Innerstes, weil ich gesehen werden möchte. Ob dieser Mensch mein Innerstes dann auch liebt, ist zweitrangig.
Das, was wir als “echte” Intimität bezeichnen würden, ist eine selbstbestätigte Form von Intimität. Das ist die einzige Intimität, die auch in Krisen stabil vorhanden bleibt und die dir die Sicherheit gibt, dass dein Partner dich so liebt, wie du wirklich bist.
Wenn du ein selbstbestätigtes Selbstempfinden entwickeln und entsprechend in deiner Beziehung selbstbestätigte Intimität aufbauen möchtest, gibt es einige Übungen und Strategien, die du anwenden kannst. Mehr dazu beschreibe ich am Ende dieses Artikels.
Lies auch: Zweifel an der Beziehung: Was normal ist und was nicht
3# Emotionale Intimität fehlt, wenn eure Kommunikation negativ ist (oder neutral)
Positive Kommunikation ist das, was Menschen den Mut gibt, ihr Innerstes zu zeigen. Wenn ihr positiv miteinander kommuniziert, kann es natürlich trotzdem sein, dass dein Partner nicht einverstanden ist mit dem, was du preisgibst, aber du kannst dir zumindest sicher sein, dass er dennoch Verständnis für deine Position äußert und sich nicht über dich lustig macht. Also öffnest du dich trotzdem.
Kommunikation kann positiv, negativ oder neutral sein. In gesunden Beziehungen gibt es jede dieser Formen, aber die positive Kommunikation überwiegt. Beziehungen, in denen negativ kommuniziert wird, zerbrechen irgendwann (oder machen zumindest alle Beteiligten sehr unglücklich). Aber jetzt kommt ein weiterer Knackpunkt: Beziehungen, in denen die neutrale Kommunikation überwiegt, scheitern ebenfalls.
Neutrale Kommunikation läuft recht undramatisch ab. Es gibt kein Augenverdrehen, kein Lautwerden oder Beleidigungen. In der Regel werden sogenannte “Beziehungsangebote” einfach nicht angenommen. Auch du schreibst: “Auf kleine Anekdoten als mögliche Aufhänger für ein Gespräch geht er nicht ein”. Das ist ein Beziehungsangebot von dir, das er nicht angenommen hat. Das ist kein feindseliges Verhalten seinerseits, aber es ist trotzdem destruktiv.
Der amerikanische Psychologe John Gottman hat diese kleinen Momente, in denen wir uns wünschen würden, dass der Partner darauf eingeht (Beziehungsangebote) in seiner Forschung untersucht. Jeder macht seinem Partner am Tag zahlreiche Beziehungsangebote. Sie können verbal sein wie “Aufhänger für ein Gespräch”. Sie können nonverbal oder sexuell sein. Und es gibt natürlich auch hier wieder drei Möglichkeiten, wie unser Partner auf ein Beziehungsangebot reagieren kann:
- positiv (er geht bestätigend auf das Angebot ein)
- neutral (er ignoriert das Angebot, bewusst oder unbewusst)
- negativ (er lehnt es konfrontativ ab)
John Gottman hat 40 Jahre lang das Verhalten von Paaren untersucht und festgestellt, dass die Paare, die sich scheiden lassen, 33% der Beziehungsangebote ihres Partners annahmen. Glückliche Paare haben auf 86% der Beziehungsangebote positiv reagiert.
Auch positive Kommunikation kann man lernen. Müsst ihr sogar, wenn ihr euch emotionale Intimität wünscht. In einer negativen Umgebung gibt es keine Intimität.
Positive Kommunikation ist das zentrale Thema der Paartherapie. Wenn du einen Termin zum Erstgespräch vereinbaren möchtest, schreib mir einfach eine Email an hallo@fraginga.de.
Eine Randnotiz: Realistische Erwartungen an Kommunikation mit Männern
Männer und Frauen kommunizieren unterschiedlich. Du schreibst: “Von meinen übrigen sozialen Beziehungen kenne ich das so nicht: Da fängt man an zu erzählen und eins kommt auf das Andere”. Ich nehme an, diese anderen “sozialen Beziehungen” sind Frauen.
Es gibt zahlreiche Studien, in denen die Unterschiede von maskuliner und femininer Kommunikation untersucht wurden. Man weiß heute, dass Frauen eher kooperativ kommunizieren. Sie nutzen Kommunikation, um soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten. Männer kommunizieren eher kompetitiv und klären dadurch ihren Status in einer Gruppe. Sie nutzen Kommunikation zielorientiert, direkt und hierarchisch.
Das bedeutet natürlich nicht, dass dein Partner deshalb weniger fähig zu emotionaler Intimität ist als du. Aber das bedeutet: Wenn du auf feminine Art bestätigt werden möchtest (kooperativ und verbindend), sprichst du besser mit einer Freundin.
Wie kann man emotionale Intimität aufbauen?
Emotionale Intelligenz, selbstbestätigtes Selbstempfinden und positive Kommunikation sind alles Dinge, die man lernen kann und es sind die Grundpfeiler von emotionaler Intimität. Deshalb ist die gute Nachricht schon mal, dass man emotionale Intimität aufbauen kann.
Die schlechte Nachricht ist, dass du wahrscheinlich einen Fehler gemacht hast, der deine Situation verschlimmert hat. Deshalb besprechen wir zuerst, womit du sofort aufhören solltest.
Emotionale Intimität aufbauen: Schritt 1: Hör auf, sie zu sabotieren
Hör auf, emotionale Intimität einzufordern. Es klingt paradox, aber wenn du willst, dass sich etwas ändert, musst du erstmal aufhören, das einzufordern.
In Beziehungen sind wir so gestrickt, dass wenn einer ständig fordert, der andere sich zurückzieht. Es entsteht eine sogenannte “Forderungs-Rückzug-Dynamik”. Mit dieser Dynamik landen ganz viele Menschen in der Paartherapie.
Ob die Forderungs-Rückzug-Dynamik bei euch zum Problem geworden ist, erkennst du an der Art deiner Forderungen. Bei dieser Dynamik geht es nie um konkrete Dinge, sondern immer um ein allgemeines Problem – und deshalb scheitert sie. Wir ändern gerne konkretes Verhalten, wenn wir uns ganz allgemein angenommen fühlen. Aber wenn wir ganz allgemein das Gefühl haben, dass der andere denkt, wir wären das Problem, dann machen wir dicht.
In deinem Fall bedeutet das: Vielleicht ist dein Freund kein Mann der vielen Worte. Das ist okay. Muss er auch nicht. Er muss nicht genauso kommunizieren wie du, damit deine Bedürfnisse in der Beziehung erfüllt werden. Die Frage ist eher: Um welches Bedürfnis geht es eigentlich?
Du schreibst, dass du nachvollziehen kannst, dass dein Wunsch “sehr abstrakt ist”. Aber du könntest es ihm trotzdem nicht anders erklären, als dass dir “allgemein emotionale Nähe fehlt”. Das Wort “allgemein” steckt schon in deiner Problembeschreibung.
Eigentlich versuchst du gerade, dein Problem zu seinem Problem zu machen. Du weißt nicht, wie du ihm erklären sollst, was du brauchst. Das ist dein Problem.
Es ist nicht seine Aufgabe, deine Bedürfnisse zu erraten. Du musst erst einmal selbst herausfinden, was du brauchst und dann kannst du es mit ihm besprechen. Welches Bedürfnis wird nicht erfüllt? Hier geht es um selbstbestätigtes Selbstempfinden. Du musst dein Innerstes erstmal kennen, damit du es preisgeben kannst.
Dein Partner kommt erst bei der Erfüllung deiner Bedürfnisse wieder ins Spiel. Aber wenn er noch nicht weiß, was dein Bedürfnis ist, wie soll er es dann erfüllen?
Strategien zur Selbstreflexion, mit denen du herausfinden kannst, was genau in deinem Innersten vorgeht, damit du es dann deinem Partner mitteilen kannst, findest du in meinem Bundle am Ende des Artikels.
Randnotiz: Emotionale Nähe bleibt nicht dauerhaft erhalten, wenn ihr in einer Fernbeziehung lebt
Wer sich emotionale Intimität wünscht, wird in einer Fernbeziehung nicht glücklich werden, weil emotionale Intimität auf Distanz nicht entsteht. Fernbeziehungen sind ein Sonderumstand. Sie können auf Zeit funktionieren und die Beziehung sogar bereichern, aber sie leben von der emotionalen Intimität, die entsteht, während das Paar zusammen ist und zehren davon, während das Paar getrennt ist.
Paare, die dauerhaft glücklich in einer Fernbeziehung leben, sind Paare, die emotionale Intimität meiden. Für sie ist dieses Arrangement perfekt und das ist auch total in Ordnung. Jeder soll schließlich so leben, wie er will. Für die meisten Paare bedeutet das aber, dass eine Fernbeziehung eine vorübergehende Notlösung ist.
Du schreibst, dass ihr schon “seit zwei Jahren in einer Fernbeziehung” seid. Das ist eine sehr lange Zeit. Du schreibst nicht, wie lange das Ganze noch so weitergehen soll. Ihr braucht ein Ende in Sicht, um euch zu motivieren, durchzuhalten. Vielleicht ist also auch die Fernbeziehung ein Knackpunkt bei euch beiden. Ganz oft ist gar nicht das Paar das Problem, sondern die Umstände.
In Fernbeziehungen neigen die Partner dazu, Dinge zurückzuhalten, um die wenige kostbare Zeit, die sie zusammen haben, nicht zu belasten. Vielleicht bringt deshalb “die klassische Pärchenzeit” bei euch “leider gar nichts”, wie du sagst, und eure gemeinsamen Ausflüge bleiben auch aus diesem Grund “wunderbar oberflächlich”. Das wäre also gar nichts Negatives, sondern ein Zeichen, dass euch beiden die gemeinsame Zeit so wichtig ist, dass ihr lieber nichts riskiert.
Mehr zum Thema Fernbeziehung findest du in diesem Artikel: Warum deine Fernbeziehung nicht hält – 5 Erste-Hilfe-Maßnahmen
Emotionale Intimität aufbauen: Schritt 2: Tue aktiv etwas dafür
Du weißt inzwischen, dass es möglich ist, emotionale Intimität in einer Beziehung herzustellen. Du weißt auch, dass es dafür auf beiden Seiten emotionale Intelligenz, positive Kommunikation und ein selbstbestätigtes Selbstempfinden braucht. Aber das Wissen alleine reicht natürlich nicht, man muss es auch umsetzen können.
Wie arbeitet man an einer positiven Kommunikation? Woher weiß ich überhaupt, ob mein Selbstempfinden fremd- oder selbstbestätigt ist? Wie steigert man seine emotionale Intelligenz? Wenn du überhaupt keine Ahnung hast, was man dafür tun muss: Herzlichen Glückwunsch, du bist ehrlich mit dir selbst. Niemand weiß sowas, wenn er sich damit noch nie beschäftigt hat.
Im Großen und Ganzen entsteht emotionale Intimität bei allen Menschen gleich. Deshalb habe ich ein Bundle erstellt, das Strategien enthält, mit denen du die emotionale Intimität in deiner Beziehung aufbauen oder stärken kannst.
Zur Erklärung: Ein Bundle ist ein Kombi-Produkt. Das bedeutet, es enthält mehrere Produkte in einem Paket. In unserem Fall hier: 10 Strategien in PDF-Form, um emotionale Intimität aufzubauen. Du kannst dir aussuchen, welche davon du umsetzen möchtest. Du musst also nicht alles machen, kannst aber. Profitieren wirst du von jeder Strategie – von einigen sogar sofort.
Übungen, um deine emotionale Intelligenz zu steigern
Der amerikanische Psychologe Daniel Goleman schreibt in seinem Buch zum Thema “Emotionale Intelligenz” (*du kannst es hier bei Amazon bestellen, falls du mehr darüber wissen möchtest), dass es 5 Ebenen braucht, um emotionale Intelligenz zu erlernen:
- Selbstwahrnehmung (ein Bewusstsein von sich selbst entwickeln)
- Selbstregulierung (eigene Gefühle nicht nur erkennen, sondern auch kontrollieren können)
- Motivation (lässt uns eigene Ziele unabhängig von äußeren Faktoren wie Stress verfolgen)
- Empathie (Verständnis für Bedürfnisse und Gefühle anderer Menschen)
- Soziale Fähigkeiten (Anpassungsfähigkeit, Überzeugungskraft, Vertrauen zu seinen Mitmenschen etc.)
Alle 10 Strategien, die im Bundle enthalten sind, können dir dabei helfen, deine emotionale Intelligenz zu steigern, weil sie alle Fähigkeiten trainieren oder entwickeln, die laut Goleman für Emotionale Intelligenz essenziell sind.
Übungen, um ein selbstbestätigtes Selbstempfinden zu entwickeln
Immer wenn du dich mit deiner persönlichen Entwicklung oder mit eurer Entwicklung als Paar beschäftigen möchtest, läuft der erste Schritt über die Selbstreflexion. Wenn du sonst nichts anderes machst, reflektiere dein eigenes Verhalten, deine Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse. Das ist die eine Sache, die dich in deinem Leben immer am weitesten bringen wird.
Ohne Selbstreflexion gibt es keine Veränderung, weil ich mir einer Sache bewusst sein muss, wenn ich sie ändern möchte. Deshalb zielen 6 der 10 Strategien, die ich für das Bundle ausgewählt habe, darauf ab, die Fähigkeit zur Selbstreflexion zu schulen.
Ein selbstbestätiges Selbstempfinden geht aber noch über die reine Selbstwahrnehmung hinaus, die Teil der emotionalen Intelligenz ist. Beim selbstbestätigten Teilen von Gedanken und Gefühlen geht es schließlich darum, dass ich mir nicht nur meiner Selbst bewusst bin, sondern auch dann noch etwas von mir preisgebe, wenn ich Gefahr laufe, dafür abgelehnt zu werden. Das kann ich aber nur, wenn ich erstens den nötigen Mut dazu und zweitens die nötige Ausdrucksfähigkeit habe.
Mut zur Selbstoffenbarung entsteht dann, wenn ich darauf vertrauen kann, dass es mir gut geht, auch wenn mein Gegenüber negativ reagiert. Ich brauche also Möglichkeiten zur Selbstberuhigung. Im Bundle gebe ich dir 4 Strategien an die Hand, mit denen du lernst, wie Selbstregulierung funktionieren kann.
Übungen, um eine positive Kommunikation zu fördern
Kommen wir nun zur Ausdrucksfähigkeit. Viele Frauen denken nämlich, sie wären sehr gut im Kommunizieren, weil wir gesellschaftlich den Stereotyp der kommunikationsfreudigen Frau hochhalten. Ganz oft ist das aber auch nur das: ein Klischee.
“Fand ich doof” oder “Das hat mich verletzt” sind Aussagen, die wir gerne benutzen, wenn wir einen Konflikt haben. Solche Aussagen kommunizieren aber eigentlich so gut wie nichts. Sie signalisieren deinem Gegenüber nur, dass gleich ein Streit folgt. Genau das, was du vermutlich vermeiden willst. Über deine Gefühle sagen sie nichts aus.
Was heißt “verletzt”? Fühlst du dich zurückgewiesen? Beschämt? Überfordert? Bist du enttäuscht? Irritiert? Eifersüchtig? Du merkst: Wenn du offen und ehrlich über deine Bedürfnisse und Gefühle reden möchtest, musst du auch deine emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten erweitern. Im Bundle findest du eine Übung, die genau dabei hilft. Du lernst mit ihr, wie du deine Gefühle erkennen, benennen und regulieren kannst.
Zur positiven Kommunikation gehört aber auch Kritik. Kritik ist so eine Sache, denn destruktive Kritik zerstört Beziehungen, aber Beziehungen ohne Kritik sind nicht möglich. Folglich musst man lernen, wie man richtig kritisiert, wenn man eine positive Kommunikation aufbauen möchte. Auch dafür habe ich im Bundle eine Übung inkludiert.
Darüberhinaus kann man Kommunikation aber eigentlich nur zusammen üben. Deshalb findest du im Bundle eine Übung aus der Paartherapie, die offene und positive Kommunikation trainiert und explizit für Emotionale Intimität entwickelt wurde. Konkret heißt das für diese Übung:
- Wechselseitige Unkenntnis kommt ans Licht (oft denken wir ja, wir wüssten schon, was der andere denkt oder fühlt).
- Ihr redet nicht mehr bloß über Organisatorisches.
- Ihr lasst den anderen in seiner Selbstverantwortung.
- Ihr lernt in konkreten Erlebnissen zu sagen, was ihr meint.
- Ihr lernt Gefühle in Worte zu fassen.
- Ihr entwickelt einen geschützten Raum für eure Beziehungsarbeit.
- Ein emotionaler Austausch entsteht, der emotionale Intimität ermöglicht.
Bonus: Ein Experiment um emotionale Intimität in 45 Minuten herzustellen
Du schreibst, „katalog-artige Fragen” hätten für dich nicht funktioniert, weil sie “gekünstelt” gewirkt hätten. Das liegt daran, dass man katalog-artige Fragen richtig einsetzen muss, damit sie funktionieren. Du kannst nicht einfach unangekündigt beim Essen so eine Frage einwerfen. Das wirkt in der Tat “gekünstelt”, weil es gekünstelt ist. Es hat sich ja schließlich nicht natürlich ergeben.
1997 schlug eine Studie mit dem Titel “Die experimentelle Erzeugung zwischenmenschlicher Nähe” ein wie eine Bombe. Der amerikanische Psychologe Dr. Arthur Aron wollte beweisen, dass man ein Gefühl von Intimität zwischen zwei völlig fremden Personen innerhalb von 45 Minuten herstellen kann. Das Ergebnis war nicht nur, dass man das kann – zwei Teilnehmer heirateten sechs Monate später. Das Experiment ist deshalb bis heute bekannt als “36 Fragen zum Verlieben”.
Die Fragen sind intim, aber sie sind so aufgebaut, dass die Probanden sich langsam daran gewöhnen können. Pro Block werden 12 Fragen gestellt. Mit jedem Block werden die Fragen intimer.
Wer dieses Experiment spannend findet, kann sich einen Abend Zeit nehmen (den Partner überzeugen) und es nachmachen. Ich habe die 36 Fragen übersetzt und samt Anleitung als Bonus zum Bundle hinzugefügt. Ich würde dieses Experiment allerdings nicht überbewerten.
Die Fragen sind intim. Manche Menschen werden so intime Fragen nicht beantworten wollen und das heißt nicht unbedingt, dass sie sich nicht öffnen wollen. Das heißt vielleicht bloß, dass sie unangenehme Erinnerungen nicht hochholen wollen. Und das ist okay. Eine regelmäßig durchgeführte Übung zur Förderung der positiven Kommunikation wird euch als Paar sehr viel weiterbringen als ein einmaliges Experiment.
10 Strategien, um emotionale Intimität aufzubauen oder zu stärken
Im Bundle finden sich insgesamt 10 Strategien für den Aufbau (oder die Stärkung) von Emotionaler Intimität. Viele davon trainieren gleichzeitig mehrere Fähigkeiten, die gemeinsam zu Emotionaler Intimität führen. Manche haben einen sofortigen Effekt. Die meisten Übungen kann man alleine durchführen. 3 Übungen sind für Paare. Alle 3 Paar-Übungen sind extra dafür entwickelt worden, Momente echter Nähe zwischen den Partnern zu erzeugen, noch während sie diese Übungen durchführen. Du kannst das Bundle gleich hier kaufen, sofort alle Strategien downloaden und loslegen.