Eines Tages triffst du den perfekten Mann und dann werdet ihr glücklich und zufrieden, bis ans Ende eurer Tage leben. Für die meisten Frauen läuft es so nicht. Traurige Wahrheit. Aber wenn es so läuft, müsste doch das Happy End folgen. Tut es aber nicht unbedingt. Das Internet ist voller Frauen, die sagen: Er ist so ein toller Mann, aber ich liebe ihn nicht.
Erst kürzlich bekam ich eine E-Mail von einer Leserin, die schrieb:
„Er ist genau so ein Mann, wie ich ihn mir immer schon gewünscht habe, aber ich komme trotzdem nicht zur Ruhe.“
Vielleicht ist das auch dein Problem. Du hast einen wundervollen Mann an deiner Seite. Er hört dir zu, bringt dich zum Lachen, ist immer für dich da. Du findest ihn vielleicht sogar sehr gutaussehend, aber trotzdem fühlst du es nicht. Es muss nicht einmal zwingend heißen, dass du ihn nicht liebst. Vielleicht ist er dein bester Freund und du würdest ihn sogar vermissen. Aber da ist trotzdem dieses nagende Gefühl, dass etwas noch nicht richtig ist. Dass er irgendwie nicht genug ist. Ist es vielleicht doch nicht DIE Liebe?
Ich wünschte, diese Leserin hätte mir mehr zu ihrer Situation gesagt, denn das macht einen gewaltigen Unterschied. Ist dieser tolle Mann nur ihr Freund? Sind sie schon verheiratet? Haben sie Kinder zusammen? Das sind Faktoren, die ihre Situation maßgeblich beeinflussen (und deine, wenn du dasselbe Problem hast).
Denn springen wir mal in die Zukunft. Angenommen du bist mit einem tollen Mann zusammen, den du eigentlich nicht liebst. Ihr seid aber noch nicht verheiratet und habt auch keine Kinder. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, wie sich die Beziehung weiterentwickeln könnte:
1.
Ihr bleibt zusammen. Er versucht weiterhin der perfekte Partner zu sein, um dich irgendwann voll für sich zu gewinnen. Du fühlst dich zunehmend schlecht, weil du ihn nicht zu schätzen weißt. Du glaubst, er hat es nicht verdient, so wenig geliebt zu werden. Paradoxerweise wirst du ihn mit der Zeit trotzdem zunehmend schlechter behandeln. Er löst in dir ein schlechtes Gewissen aus, also wirst du immer genervter von ihm. Diese Situation spitzt sich weiter zu. Irgendwann bleibt ihr genervt und unglücklich bis ans Ende eurer Tage (oder einer von beiden beendet die Beziehung, nachdem Jahre ins Land gegangen sind).
2.
Ihr bleibt zusammen. Ihr findet euch mit eurer Situation ab. Dann heiratet ihr, weil es der nächste logische Schritt ist. Er ist überglücklich, dass du ihn doch willst. Irgendwann wird er dich schon von sich überzeugen (glaubt er). Zeit vergeht, aber an euren Gefühlen ändert sich nichts. Dir ist er noch immer nicht genug. Er gibt irgendwann auf, dich für sich gewinnen zu wollen. Dann lebt ihr nebeneinander her (falls ihr euch nicht scheiden lasst). Eure Kinder müssen auch damit leben.
Rosig ist keiner dieser beiden Ausblicke in die Zukunft… aber muss es so kommen? Nein, nicht unbedingt.
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„Er ist ein toller Mann, aber ich liebe ihn nicht“ – ist das Problem wirklich, dass er der Falsche für dich ist?
Wir verlassen uns in diesen Zukunftsprognosen zu 100% darauf, dass er insgeheim der Falsche für dich ist. Dabei haben wir das noch gar nicht überprüft. Vielleicht ist er der Falsche, vielleicht aber auch nicht. Du weißt es noch nicht.
Wenn du wirklich schon wüsstest, dass er der Falsche für dich ist, würdest du nicht bei ihm bleiben. Du hättest dich längst getrennt. Aber du hast es nicht, weil du verunsichert bist. Er ist so perfekt, eigentlich müsstest du ihn doch lieben. Was stimmt denn nicht?
Hier spielen zwei wichtige Grundsätze gegen einander:
1.
Auch ein großartiger Mann kann der Falsche für dich sein.
2.
Ein Mann, an dem du zweifelst, kann trotzdem der Richtige für dich sein.
Wir Menschen zweifeln STÄNDIG. Wir zweifeln an unseren Fähigkeiten, wir zweifeln an anderen Leuten und wir zweifeln auch an unserer Beziehung. Wir zweifeln einfach an allem. Das ist normal und muss noch nichts bedeuten – aber es kann etwas bedeuten. Das weißt du, also haderst du mit dir selbst.
Lies auch: Zweifel an der Beziehung: Was normal ist und was nicht
Er ist toll, aber du liebst ihn nicht? So löst du das Problem
Schauen wir uns die E-Mail meiner Leserin noch einmal an: „Er ist genau so ein Mann, wie ich ihn mir immer schon gewünscht habe, aber ich komme trotzdem nicht zur Ruhe“. Diese Leserin hat in keinster Weise den Verdacht geäußert, dass ihr Partner der Falsche für sie sein könnte. Sie glaubt eher, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Er ist perfekt, aber sie kommt nicht zur Ruhe. Sie sieht das Problem bei sich und will einen Tipp, um mit sich klarzukommen.
Das ist viel wert. Viele Menschen sehen das Problem immer bei den Anderen. Diese Frau nicht. Sie übernimmt Verantwortung für ihre Umstände und setzt dort an, wo sie etwas ändern kann: bei sich selbst. Sie ist diejenige, die mit der Situation hadert. Also muss auch sie diejenige sein, die das Problem für sich löst. Und es gibt einen Weg. Sie muss herausfinden, woher ihre Unruhe kommt – und für dich gilt dasselbe, wenn du auch in dem Dilemma steckst, dass du einen tollen Mann hast, aber ihn trotzdem nicht liebst, oder dir nicht sicher bist, ob er richtig für dich ist.
Die gute Nachricht ist, dass in einer Beziehung Zweifel nur aus zwei Richtungen kommen können: Entweder es liegt an dir, oder es liegt an ihm. Du kannst die Ursache deiner Unruhe also relativ schnell eingrenzen.
Er ist toll, aber du liebst ihn nicht? Wenn es nicht an ihm, sondern an dir liegt
Nehmen wir an, dass es nicht an ihm liegt. Wir lassen uns also auf das Gedankenexperiment ein, dass du das Problem sein könntest. Es gibt zwei Szenarien, in denen das passieren kann.
Szenario 1: Du hast früher nicht gezweifelt
Wenn du deinen Mann früher so richtig geliebt hast und davon inzwischen nichts mehr übrig ist (oder zu wenig), dann ist dein Problem nicht, dass du zweifelst. In diesem Fall wäre dein eigentliches Problem, dass ihr eure Ehe vernachlässigt habt. Mit Sicherheit nicht absichtlich. Aber im Alltag passiert es schnell, dass unsere Partnerschaft auf der To-do-Liste nach unten wandert. Ganz besonders dann, wenn Kinder kommen.
Arbeite an der Ehe und die Zweifel werden verschwinden. Du solltest aber nicht zu lange warten. Je länger man seine Ehe dem Zufall überlässt, desto schwieriger und anstrengender wird es, das Ruder rumzureißen. Ab einem gewissen Punkt kann es auch für eine Paartherapie zu spät sein.
Wenn du deine Eheprobleme in den Griff kriegen willst, kannst du mich gleich hier kontaktieren und einen Termin zum Erstgespräch für eine Paartherapie mit mir ausmachen, oder schreib mir eine Email an hallo@fraginga.de
Szenario 2: Du hast schon immer gezweifelt
Es gibt noch einen anderen Übeltäter, der dafür sorgen kann, dass du unruhig bist und zweifelst: dein Bindungstyp.
Es gibt die so genannte Bindungstheorie nach John Bowlby. Wir Menschen haben das angeborene Bedürfnis, uns an eine Bezugspersonen zu binden. Das ist wichtig, weil Menschenkinder alleine nicht lebensfähig sind. Sie brauchen ihre Eltern, um zu überleben. Wenn ihre Hauptbezugspersonen ihre Bedürfnisse stillen, entwickeln Kinder eine sichere Bindung. Dazu gehören auch emotionale Bedürfnisse. Wenn die Eltern das jedoch nicht leisten können, weil ihnen zum Beispiel die Feinfühligkeit dafür fehlt, entwickeln Kinder eine unsichere Bindung. So wie wir als Kinder an unsere Eltern gebunden sind, so binden wir uns auch später an unsere Partner.
Es gibt vier Bindungsarten. Eine davon ist der sichere Bindungstyp. Sicher gebundene Menschen haben ein positives Bild von sich (also ein gesundes Selbstwertgefühl) und ein positives Bild von ihrem Partner. Sie können Nähe zulassen.
Die anderen drei Bindungsarten sind alles unsichere Bindungstypen. Sie lauten wie folgt:
- Ängstlich-ambivalent: Du hast ein negatives Bild von dir, aber ein positives Bild von deinem Partner. Das führt dazu, dass du wenig Vertrauen in die Beständigkeit deiner Beziehung hast, aber stark die emotionale Nähe zu deinem Partner suchst.
- Gleichgültig-vermeidend: Du hast ein positives Bild von dir selbst, aber ein negatives von deinem Partner. Dann hältst du ihn auf Abstand und hast ein sehr geringes Nähe-Bedürfnis. Stattdessen legst du sehr viel Wert auf deine Freiheit und Unabhängigkeit.
- Ängstlich-vermeidend: Du hast ein negatives Bild von dir selbst und von deinem Partner. Dann vermeidest du emotionale Nähe und Beziehungen aus Angst davor, verletzt zu werden.
Wie dein Bindungstyp für Beziehungszweifel sorgen kann
Ein Beispiel: Ein Mädchen musste immer um die Zuneigung ihrer Eltern buhlen. Sie wird erwachsen, heilt diese Wunde nie, weil ihr nicht bewusst ist, dass sie eine Wunde hat. Sie merkt nur, dass sie sich nur dann zu einem Mann hingezogen fühlt, wenn sie auch um seine Liebe buhlen muss. Männer, die ihr Sicherheit bieten, langweilen sie.
So könnte eine unsichere Bindung im Erwachsenenalter aussehen. Die Frau in unserem Beispiel ist unsicher gebunden – ängstlich-ambivalent, um genau zu sein. Sie fühlt sich zu Männern hingezogen, die ebenfalls unsicher gebunden sind – gleichgültig-vermeidend, um genau zu sein. Sicher gebundene Männer bewegen in ihrem Inneren nichts. Unsichere Bindungstypen bleiben häufig unter sich.
Jetzt könnte man meinen, dass das vollkommen unlogisch ist. Wer als Kind keine Nähe bekommen hat, wünscht sie sich als Erwachsener doch umso mehr? Ja, das stimmt natürlich. Bewusst wünscht sich so ein Erwachsener Nähe, aber unbewusst sucht er das, was ihm vertraut ist. Unser Unterbewusstsein ist nicht logisch. Unser Unterbewusstsein macht einfach weiter das, was es schon immer gemacht hat. So kommt es, dass du dir bewusst vielleicht einen tollen und liebevollen Mann wünschst, aber dein Unterbewusstsein sucht etwas anderes. Deshalb kommst du nicht zur Ruhe mit einem sicher gebundenen Mann, wenn du unsicher gebunden bist.
Sicher gebundene Menschen suchen sich für Beziehungen andere sicher gebundenen Menschen, während sich ängstlich-ambivalent gebundene Menschen meistens gleichgültig-vermeindende Partner suchen. In solchen Beziehungen findet sich also ein Mensch, der Nähe sucht und einer der sie meidet. Mark Manson hat diese Verbindung mal liebevoll so getauft: „a crazy person and an asshole“. Es klingt verrückt, aber das ist eine Beziehung, die ewig halten kann, obwohl keiner der Partner die Bedürfnisse des Anderen erfüllt. Niemand ist glücklich in dieser Beziehung, aber sie funktioniert, einfach weil dieser Kreislauf beiden vertraut ist.
Anzeichen dafür, dass du einen unsicheren Bindungstyp hast
Es gibt einige Anzeichen dafür, dass du unsicher gebunden sein könntest:
- Du hast dir in der Vergangenheit immer Partner gesucht, die dich auf Abstand gehalten haben.
- In einer Beziehung hast du ein wesentlich größeres Nähebedürfnis als dein Partner.
- Du suchst dir Partner, die dir „unterlegen“ sind.
- In der Vergangenheit hast du häufiger Männer zurückgewiesen, weil sie dir „zu nett“ waren.
- Du meidest Beziehungen, glaubst aber, dass sich nie jemand in dich verliebt hätte.
- Du hast dich schon häufig in unerreichbare Männer verliebt (Männer, die dich nicht wollten oder vergeben waren).
Wenn du unsicher gebunden bist, musst du es nicht für immer bleiben. Du kannst auf die Seite der sicheren Bindungen wechseln und eine glückliche Beziehung leben, in der beide emotionale Nähe zulassen können. Dann hören vermutlich auch deine ständigen Zweifel an deinem Partner oder deiner Beziehung auf.
Es gibt natürlich verschiedene Wege, um an seiner unsicheren Bindung zu arbeiten. Eine Möglichkeit sind Selbsthilfebücher. Dr. Lindsay Gibson hat ein Buch zu genau diesem Thema geschrieben: „Als Kind emotional unreifer Eltern Heilung finden: Das Praxisbuch – Schritt für Schritt Grenzen setzen und emotionale Unabhängigkeit gewinnen“ (du kannst es hier bei Amazon bestellen*). „Emotionale Unabhängigkeit“ und „Grenzen“ sind vielleicht nicht die ersten Dinge, die auf deiner Wunschliste stehen, wenn du zum Beispiel ängstlich-ambivalent gebunden bist. Du wünschst dir vermutlich eher Nähe, aber ohne Grenzen gibt es keine Nähe. Mehr darüber erfährst du in diesem Artikel: Grenzen setzen in Beziehungen.
Er ist toll, aber du liebst ihn nicht? Wenn es nicht an dir, sondern an ihm liegt
Es gibt noch einen weiteren Fall und den wollen viele nicht wahrhaben: Wenn es nicht an dir liegt, dann liegt es an ihm. Vielleicht ist er doch nicht so perfekt. Lassen wir uns also nun auf das Gedankenexperiment ein, dass er der Falsche für dich sein könnte.
Das kann im Übrigen auch dann der Fall sein, wenn er ein toller Mann ist. Nicht jeder gute Mann ist auch ein guter Partner für dich.
Ich glaube fest an den Grundsatz: Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Es klingt so banal und einfach, aber genau das machen viele Menschen einfach nicht. Sie nutzen Beziehungen nicht, um zu testen, ob ihr Partner der richtige für sie ist. Sie glauben viel mehr, dass er jetzt der Richtige sein muss, weil sie schon so lange zusammen sind. Das stimmt nicht. Ehen und Beziehungen haben nicht den gleichen Stellenwert.
Betrachte deine Beziehung als eine Art Probezeit. In der Probezeit kannst du jederzeit kündigen. Das heißt natürlich nicht, dass du ihn verlassen musst. Probleme sind lösbar. Aber man kann Scheidungen auch vermeiden, wenn man falsche Kandidaten von vornherein besser aussiebt. Teste deinen Freund auf Herz und Nieren. Er kann noch so toll sein, aber wenn dein Gefühl von Anfang an sagt, dass etwas nicht passt, bist du es dir schuldig, dem nachzugehen.
Um ihn auf Herz und Nieren zu prüfen, empfehle ich dir meine Entscheidungshilfe zum Thema „Trennen oder bleiben?“. Dort bekommst du einen Schritt-für-Schritt-Fahrplan, der dir aufzeigt, ob dein Partner und diese Beziehung wirklich richtig für dich ist. Damit du anschließend mit einem Gefühl von Sicherheit sagen kannst, wo das Problem im Moment liegt – bei dir, bei ihm, oder bei euch beiden. Erfahre hier mehr: Trennen oder bleiben? Die ultimative Entscheidungshilfe