Schaut man sich die Definition von Groll an, dann wird es mit „lang anhaltender, aber stiller Zorn“ beschrieben. Was mir darin fehlt, ist das Wort „unterbewusst“.
Ich glaube nämlich, dass uns oft gar nicht klar ist, dass wir Groll hegen. Zumindest geht es mir so. Vor allem dann nicht, wenn er sich gerade erst aufbaut.
Werden wir verletzt, empfinden wir im ersten Moment Wut darüber. Groll entsteht erst dann, wenn wir immer wieder verletzt werden und das Gefühl haben, nichts dagegen tun zu können. So verwandelt sich Wut mit der Zeit in Enttäuschung, Frustration und schließlich Groll.
Plötzlich kann man seinen eigenen Partner nicht einmal mehr leiden. Wenn man nicht aufpasst, wird daraus irgendwann Hass.
Mehr dazu: Hilfe, ich hasse meinen Mann! Und nun?
Gründe für Groll in einer Beziehung
1. Ungleichgewicht innerhalb der Beziehung
Es gibt zwei Arten von Ungleichgewicht in einer Beziehung: Einmal bei der Arbeitsverteilung und einmal beim Mitspracherecht.
Fangen wir mit der ungleichen Aufteilung von Arbeit an.
Das kann sich auf verschiedene Bereiche beziehen. Wenn ein Partner das Gefühl hat, er würde den Haushalt alleine schmeißen, während der Andere den Schmutz „nicht sieht“ zum Beispiel.
Oft geht es aber auch um die Kinderbetreuung, Finanzen, Sex, oder auch einfach darum, wer mehr Emotionale Arbeit in der Beziehung übernimmt.
Achtet zum Beispiel nur einer darauf, dass beide genug Zeit miteinander verbringen und Probleme in der Beziehung angesprochen werden, kann auch das zu einem Ungleichgewicht führen.
Dieses Ungleichgewicht führt auf Dauer zu Groll, weil es unfair ist. Der Partner, der mehr investiert, fühlt sich hilflos.
Nehmen wir als Beispiel den Haushalt. Der Partner, der mehr im Haushalt macht, sieht sich vor einem Dilemma: Entweder ich schmeiße den Haushalt alleine, oder wir leben im Saustall. Ob das stimmt oder nicht, sei mal dahingestellt. Es geht nur darum, wie sich der Partner fühlt. Denn genau dieses Gefühl führt zu Groll.
Dann gibt es noch das Ungleichgewicht beim Mitsprachrecht in einer Beziehung.
Trifft einer der Partner zum Beispiel Entscheidungen, ohne den anderen miteinzubeziehen, kann das auch zu Groll führen. Dasselbe gilt, wenn ein Partner das Gefühl hat, dass er Dinge nicht ansprechen kann, weil der andere dann wütend wird.
Auf Dauer fühlt der Partner ohne Mitspracherecht sich machtlos und hilflos. Auch das wird zu Groll führen.
2. Fehlende Akzeptanz
Wir verlangen in einer Beziehung ganz schön viel von unseren Partnern. Sie sollen uns so lieben, wie wir sind (nervige Macken inklusive). Aber wenn uns etwas an ihnen nicht passt, sollen sie das ändern.
Gleichzeitig sollen sie sich für alles interessieren, was uns wichtig ist, während uns manche Dinge, die sie begeistern, vollkommen egal sind.
Auf Dauer führt das zu Groll – gerade bei den kleinen Dingen.
Nehmen wir an, dein Partner liebt sein Auto. Für dich sind dagegen die bedeutendsten Merkmale eines Autos die Farbe und vielleicht noch die Marke. Dein Mann ärgert sich jedes Mal darüber, dass du die Autotür zu fest knallst. Du machst das nicht mit Absicht. Du denkst nicht einmal darüber nach, wie du die Autotür schließt und du findest es lächerlich, dass er sich so darüber aufregt. Die Tür wird schon nicht abfallen, wenn du sie zuknallst.
Das ist bereits fehlende Akzeptanz. Es muss gar keine Ablehnung seiner Persönlichkeit sein. Solche Kleinigkeiten reichen schon.
Dein Mann liebt dieses Auto. Deshalb behandelt er es mit größter Vorsicht. Wenn du darauf keine Rücksicht nimmst, ist das ein Teil von ihm, den du als unwichtig abgestempelt hast. Auf Dauer kann genauso eine Kleinigkeit dazu führen, dass dein Mann Groll gegen dich hegt.
3. Fehlende Empathie
Die Arbeit, der Haushalt, die Kinder – es gibt im Alltag eine ganze Reihe Dinge, die uns in Atem halten. Am Ende eines Tages im Hamsterrad sind wir manchmal total kaputt. Wenn wir dann erschöpft auf unseren Partner treffen, der auf dem Sofa entspannt hat und jetzt fragt, was es zu Essen gibt, kann man schon mal an die Decke gehen.
Das Problem dabei ist, dass wir nicht in den Kopf des Anderen hineinsehen können. Weil es unser Partner ist, glauben wir aber, dass wir genau wüssten, was er denkt oder erlebt.
Tatsächlich haben wir keine Ahnung, was er an dem Tag schon alles leisten musste, was ihn belastet und was ihm noch bevorsteht. Wir sehen nur unsere eigene Last.
So kommt es, dass in der Beziehung beide Partner die Probleme des anderen unterschätzen und die eigenen überschätzen. Dann entsteht ein regelrechter Kampf um Empathie.
Du beschwerst dich über etwas, dass dein Partner getan hat. Er rechtfertigt sich damit, dass es nur eine Reaktion auf dein Verhalten vor drei Tagen gewesen sei. Dann wirfst du ihm wieder etwas vor, dass er letzte Woche getan hat usw.
Am Ende fühlt sich keiner von beiden verstanden und ihr beginnt Groll gegen den Anderen zu hegen.
Ist eure Beziehung schon von Groll befallen?
Es ist leider ziemlich normal, dass in einer Beziehung irgendwann Groll entsteht. Über die Jahre wird es vermutlich sogar euch beide mal treffen – er wird mal Groll gegen dich hegen und du mal gegen ihn. Wenn ihr Pech habt, hegt ihr gleichzeitig Groll gegeneinander. Das macht es schwieriger, weil dann beide unnachgiebiger sind.
Es gibt viele Beziehungen, die an Groll zerbrochen sind. Manch einer hat aufgrund von Groll auch schon unglücklich bis ans Ende seiner Tage zusammengelebt. So muss es aber nicht laufen.
Groll kann eure Beziehung in eine richtige Krise katapultieren. Trotzdem kann eine Beziehung sich von Groll erholen.
Meine Ehe hat schon beides überstanden: Dass mein Mann Groll gegen mich gehegt hat und dass ich Groll gegen ihn gehegt habe. Es war nicht schön. Es war auch nicht einfach, da wieder herauszukommen. Aber es hat unsere Beziehung nur stärker gemacht.
Damit man Groll loslassen kann, muss man sich aber erst einmal bewusstwerden, dass man Groll hegt (oder dass der Partner Groll gegen einen hegt).
Groll hegen: Anzeichen Nr. 1: Mehr Streit
Streit an sich ist nichts Schlimmes. In jeder gesunden Beziehung wird gestritten. Es wird allerdings zum Problem, wenn du plötzlich feststellst, dass ihr viel mehr streitet als üblich – oder plötzlich beim Streiten gemein werdet.
Es gibt dieses magische Verhältnis von 5 zu 1, das in glücklichen Beziehungen eingehalten wird. Das bedeutet, dass auf jede negative Interaktion mindestens 5 positive folgen. Dann empfindet man eine Beziehung als glücklich.
Diese 5:1 Formel ist in der Wissenschaft inzwischen als „Gottman-Konstante“ bekannt. Benannt nach dem Psychologen John Gottman, der mit seiner Forschung über Beziehungen bereits in den 70ern diese Formel ermittelt hat.
Wenn euer Verhältnis weit entfernt von der magischen 5:1 ist, kann das ein starker Hinweis auf Groll sein.
Lesetipp: Neu verliebt in den gleichen Partner: So klappt’s!
Groll hegen: Anzeichen Nr. 2: Mangelnder Respekt
Wenn dein Partner Groll gegen dich hegt, wirst du sehr bald feststellen, dass sich sein Verhalten dir gegenüber verändert. Du wirst vielleicht feststellen, dass er die Augen verdreht, wenn du etwas sagst, mit dem er nicht einverstanden ist. Vielleicht wirst du auch merken, dass er neuerdings Scherze auf deine Kosten macht.
Dasselbe kann aber natürlich auch andersrum passieren. Vielleicht bist du es leid, mit ihm zu sprechen. Stattdessen seufzt du passiv-aggressiv und murmelst „dann halt nicht“ oder „dann mache ich es selber“. Das ist ziemlich respektlos. Wer früher mit seinen Eltern so gesprochen hätte, wäre getadelt worden. Mit dem Partner machen wir das aber oft, ohne mit der Wimper zu zucken.
Das trägt natürlich dazu bei, dass das Verhältnis von 5:1 weiter in die Tiefe fällt. Jedes Augenverdrehen ist eine negative Interaktion, auf die eigentlich 5 positive folgen müssten.
Groll hegen: Anzeichen Nr. 3: Kein Körperkontakt
Oft ist eins der ersten Anzeichen, dass einer der Partner Groll gegen den Anderen hegt, wenn die körperliche Nähe abnimmt oder ganz verschwindet. Das betrifft sowohl Sex als auch Zärtlichkeiten im Alltag.
Manchmal nutzt einer der Partner einen solchen Liebesentzug als Bestrafung für den Anderen, weil er sich von diesem in anderen Bereichen verletzt fühlt. Oft verschwindet körperliche Nähe aber auch automatisch, wenn man Groll hegt, weil man niemandem nahekommen möchte, der einen konstant verletzt.
Du hast massive Probleme in deiner Beziehung und weißt einfach nicht, woher sie kommen? Dann schreibe mir. Ich möchte dir helfen. Schicke einfach eine Email an hallo@fraginga.de Ich schreibe dann einen Artikel, der auf dein Problem zugeschnitten ist.
deine Inga
Das kannst du tun, um deine Beziehung wieder auf Kurs zu bringen
Wenn du nun festgestellt hast, dass du Groll gegen deinen Partner hegst (oder er gegen dich), gibt es einige Dinge, die du tun kannst.
Das Interessante dabei ist, dass in beiden Fällen dasselbe hilft. Ob er nun Groll gegen dich hegt, oder du gegen ihn – in beiden Fällen helfen die gleichen Mittel.
Groll loslassen: Rede über das Gute an eurer Beziehung
Wenn man Groll hegt, dann bedeutet das, dass man ganz oft ein und dieselbe negative Sache angesprochen hat und sich trotzdem rein gar nichts verändert hat. Das ist das, was zu Groll führt: Hilflosigkeit über ein sich wiederholendes, negatives Verhalten.
Die Taktik das Negative anzusprechen, hat euch also diesen Schlamassel eingehandelt. Es ist absurd zu glauben, dass die Maßnahme, die zum Problem geführt hat, euch wieder heraushelfen wird. Also: Hör auf weiter die Probleme anzusprechen.
Viele Menschen machen genau diesen Fehler: Sie hacken weiter auf dem Problem herum und erwarten, dass beim Hundertsten Mal plötzlich alles anders wird.
Tu das nicht. Ändere deine Taktik.
Egal, ob du Groll hegst, oder gegen dich Groll gehegt wird: Erzähle deinem Partner von jetzt an lieber, was du an der Beziehung schätzt, statt allem, was schiefläuft. Ein „Weißt du, was ich an uns toll finde?“ bringt dich viel weiter, als ein „Mich nervt, dass…“.
Bleib dabei jedoch ehrlich. Wenn du Dinge ansprichst, die auf euch gar nicht zutreffen, wird dein Partner sich verhöhnt fühlen.
Versuche diese Taktik wenigstens einen vollen Monat durchzuziehen, bevor du beschließt, dass sie nichts bringt. Gerade wenn Groll im Spiel ist, dauert es eine Weile, bis beide Partner etwas aufgeweicht sind und wieder empfänglich für liebe Worte werden.
Mehr erfahren: Wie Nörgeln langsam eure Beziehung zerstört
Groll loslassen: Hört auf zu streiten, bis einer gewonnen hat
In manchen Beziehungen wird gestritten, als würde eine politische Debatte geführt werden. Keiner hört dem Anderen zu und beide versuchen zu erklären, warum der Andere falsch liegt. Es ist ein erbitterter Kampf, bis einer endlich gewonnen und der andere verloren hat.
Das müsst ihr sofort bleiben lassen, wenn eure Beziehung halten soll.
Wenn ihr beide so streitet, ist es auch kein Wunder, dass einer von euch beiden Groll hegt.
Wer streiten will, bis einer gewonnen hat, weigert sich den Standpunkt des Anderen zu akzeptieren. Ihr zeigt damit, dass ihr kein Verständnis, also keine Empathie, für einander aufbringen wollt. Springe noch einmal im Artikel nach oben, dann wirst du die Punkte fehlende Akzeptanz und fehlende Empathie unter den Ursachen für Groll wiederfinden.
Ändere also deinen Fokus beim Streit: Versuche ab jetzt nicht mehr ihn von deinem Standpunkt zu überzeugen, sondern versuche lieber seinen zu verstehen.
Wenn du das eine Zeit lang gemacht hast, wird er nachziehen und ebenfalls versuchen dich zu verstehen. Der schnellste Weg ihm deinen Standpunkt zu erklären ist also, wenn du zuerst seinen verstehst.
Mehr erfahren: Mit dieser einen Sache beendest du effektiv jeden Streit
Groll loslassen: Stelle ein Fotoalbum eurer schönsten gemeinsamen Momente zusammen
Bei diesem Punkt geht es eigentlich darum, dem Anderen zu verzeihen. Also die Dinge loszulassen, wegen denen du Groll empfindest. Das geht allerdings nur, wenn du nicht jeden Tag aufs Neue an alles Blöde denkst, was er tut.
Mir fällt es deutlich einfacher, meinem Mann zu verzeihen, wenn ich mir alle schönen Erlebnisse mit ihm durch den Kopf gehen lasse.
Fotoalben sind eine simple Methode, um genau das zu tun. Wolltest du schon immer ein Scrapbook von eurer Hochzeit machen? Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt dafür.
Wenn du all diese Fotos zusammenstellst, kommen auch die schönen Erinnerungen hoch – und damit auch die positiven Gefühle für deinen Partner.
Auch wenn du nicht diejenige bist, die Groll empfindet, kann das helfen. Es ist schwer deinen Partner unfair zu behandeln, wenn du gerade überglücklich bist ihn zu haben.
Natürlich hast du ihn nicht mit Absicht unfair behandelt, aber manchmal merken wir gar nicht, dass wir unfair werden. Unser Unterbewusstsein handelt einfach, weil wir selbst über irgendetwas wütend sind. Diese Wut kannst du auflösen, wenn du dich an die schönen Zeiten mit ihm erinnerst. Dann steht auch dein Unterbewusstsein deinem Partner wohlwollender gegenüber.
Ebenfalls schön: Bastele einmal im Jahr ein Highlight-Fotoalbum des letzten Jahres. Das sind wunderschöne Erinnerungen für die Zukunft und es hilft in der Gegenwart, liebevolle Gefühle für deinen Partner aufrecht zu erhalten. Wenn du das jedes Jahr machst – komme was wolle – dient es auch als Präventiv-Maßnahme gegen zukünftigen Groll.
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