Liebe Inga,
mein Freund ist ein leidenschaftlicher Zocker. Generell stört mich das nicht, problematisch wird es allerdings, wenn er ein ganz bestimmtes Onlinespiel spielt. Dabei skypt er parallel mit seinen Freunden. So verbringt er fast seine komplette Freizeit. Ich möchte ihm eigentlich nicht verbieten zu spielen. Das bedeutet allerdings für mich, dass ich mir permanent wie ein Störfaktor vorkomme.
Unterhaltungen sind in dieser Zeit natürlich nicht möglich. Auch wenn ich mal eine Frage habe, darf ich diese nur in den Pausen zwischen den Spielen stellen. Ansonsten werde ich ignoriert oder böse angefahren. Natürlich verbringen wir auch gemeinsame Zeit zusammen, aber es kommt mir immer vor, als müsste ich ihn dazu überreden, weil er eigentlich lieber zocken würde. Ich würde mir wünschen, dass er auch von sich aus vorschlagen würde, etwas mit mir zu machen. Sei es nur gemeinsames Kochen oder Zusammensitzen.
Wir haben schon versucht, eine bestimmte Gamingzeit pro Tag einzuführen, aber der Plan ist auch schnell im Sande verlaufen bzw. haben wir beide nicht wirklich darauf geachtet. Vielleicht fällt dir ja eine Lösung für unser Problem ein.
Die Zeiten sind definitiv vorbei, in denen Zocken etwas für Teenies war, oder für merkwürdige Männer, die bei ihrer Mama im Keller wohnen. Inzwischen gibt es sehr viele Gelegenheits-Zocker unter den Männern und viele ihrer Frauen finden sie spielen zu oft oder zu lange.
Du schreibst, dass dich nicht stört, dass er „ein leidenschaftlicher Zocker“ ist. Dich stört, dass du dir „wie ein Störfaktor“ vorkommst, wenn er spielt. Das Problem ist also nicht, was er tut, sondern wie du dich dabei fühlst. Das ist eine gute Nachricht. Wie du dich fühlst, entscheidest nämlich du. Aber dazu kommen wir gleich noch.
Aus deiner Mail lese ich, dass du trotzdem gerne etwas an seinem Verhalten ändern würdest. Also fangen wir genau da an.
Wenn du auch ein Beziehungsproblem hast, das dich verzweifeln lässt, dann schreib mir. Schicke mir dafür einfach eine E-Mail an hallo@fraginga.de.
Dein Mann zockt zu viel? Warum Zeitlimits nicht funktionieren
Ihr habt schon versucht, ein Zeitlimit dafür zu setzen, wie lange er spielen darf. Dass das nicht funktioniert hat, überrascht mich nicht. Videospiele sind so konzipiert, dass sie den Spieler reinziehen und dieser dabei die Zeit vergisst. Das macht ihren Reiz aus. Der Spieler taucht in eine Welt ein, in der er ein Held ist und spannende Abenteuer erlebt. Egal, ob er gegen irgendwelche Monster kämpft, oder aus schnellen Autos auf Dealer schießt.
Dagegen können wir uns auch nur bedingt wehren, denn diese Spiele zielen darauf ab, wie unser Gehirn funktioniert. Dabei geht es um sogenannte Spiegelneuronen. Spiegelneuronen verursachen, dass wir beim Betrachten eines Vorgangs dasselbe fühlen, wie wenn wir den Vorgang tatsächlich ausführen. Das bedeutet: Wenn dein Freund in einem Videospiel aufregende Autorennen fährt, sorgen Spiegelneuronen in seinem Gehirn dafür, dass er sich fühlt, als würde er tatsächlich ein Autorennen fahren. Er erlebt also auch einen Adrenalinkick bei Gefahr und Glückshormone, wenn er eine Aufgabe gemeistert hat.
Jetzt stell dir vor, sein Gehirn sagt ihm gerade, dass er unter Beschuss steht. Er könnte jeden Moment mit seinem Helikopter abstürzen. Sein Adrenalinspiegel schießt in die Höhe und er muss handeln, um sich und seine Kameraden zu retten. Alle sind angespannt und reden in ihrem Skype-Chat durcheinander, wie sie die Mission noch retten können. Parallel kommst du um die Ecke und fragst ihn, was ihr heute Abend kochen sollt. Du hast ihn gerade aus seiner Parallelwelt gerissen. Sein Gehirn ist noch im Gefahrmodus und du hast ihn zurück in seinen Alltag geschleudert.
Klar, könnte er auf Pause drücken. Er ist physisch dazu in der Lage, den entsprechenden Knopf zu drücken. Mental ist er jedoch gerade im Kampf- oder Fluchtmodus, weshalb er wirklich nicht das Gefühl hat, als könne er einfach pausieren. Deshalb wirst du „böse angefahren“. Er reagiert gereizt, weil sein Gehirn gereizt ist.
Das soll sein Verhalten nicht entschuldigen. Ich versuche dir nur zu erklären, woher es kommt. Es hat absolut gar nichts damit zu tun, dass er nicht mit dir reden möchte. Auch nicht damit, dass er keine Zeit mit dir verbringen will. Es sind seine Hormone, die in diesem Moment mit ihm durchgehen.
Lesetipp: „Mein Mann ist faul“ – 3 Schritte, um das zu ändern
Warum zocken Männer so gerne?
Dein Mann zockt, weil es der einfachste und schnellste Weg ist, um Stress abzubauen. Damit wären wir wieder bei den Hormonen, die das Zocken freisetzt. Er zockt, weil das Spielen neben dem Adrenalinkick auch einen Dopaminkick auslöst, und Dopamin ist ein Glückshormon. Zocken macht ihn schnell und unkompliziert glücklich.
Es gibt dazu im Übrigen Studien, die durch MRT-Scans herausgefunden haben, dass diese Reaktion im Gehirn bei Männern viel stärker ausgeprägt ist als bei Frauen. Das erklärt vielleicht, warum mehr Männer betroffen sind als Frauen. Auf Männer hat Zocken einen größeren Effekt.
Also wir halten fest: Sein Wunsch zu zocken hat nichts mit dir zutun, sondern mit Adrenalin und Dopamin. Seine Gereiztheit und seine Unnahbarkeit beim Zocken haben auch nichts mit dir zutun, sondern ebenfalls mit den Hormonen, die das Zocken auslöst.
Du weißt jetzt also, warum er gerne zockt und warum das vollkommen unabhängig von dir ist. Das ist schon mal gut. Bevor wir damit weitermachen, was du trotzdem tun kannst, müssen wir der Vollständigkeit halber jedoch kurz bei den anderen sogenannten „Tipps“ bleiben, die in so einem Fall helfen sollen, das Zocken zu reduzieren, es aber nicht tun.
Gefällt dir mein Artikel? Dann abonniere gleich hier meinen Newsletter und verpasse keinen meiner Artikel mehr.
Was man nicht tun sollte, wenn der Mann zu viel zockt
Es kursieren mehrere Ideen da draußen, was man alles tun kann, wenn der Partner zu viel zockt. „Setze ein Zeitlimit“ wird empfohlen. „Biete Alternativen an“ wird empfohlen oder auch das allseits beliebte: „Zeige Interesse an seinem Hobby“. Man soll also ausmachen, wie viel er zocken darf und die paar Male, wenn er doch spielen darf, soll man auch noch mitspielen, ob man jetzt Bock darauf hat oder nicht. Wenn er gerade nicht Zocken darf, soll man ihm eine Alternative bieten. Gemüse anbauen oder sowas. Ist bestimmt genauso aufregend.
All diese Tipps haben eins gemeinsam: Sie gehen davon aus, dass es okay ist, wenn eine Frau ihrem Mann sagt, was er tun darf und was nicht. Ich positioniere mich strikt dagegen. Es schadet eurer Beziehung mehr, als dass es ihr helfen könnte.
Warum du nicht in die Mutterrolle fallen darfst
Diese Tipps werden nicht funktionieren und der Grund dafür hat ausnahmsweise nichts mit Hormonen zu tun, sondern einfach nur mit gesundem Menschenverstand. Weißt du, wo man solche Tipps noch hört? In Eltern-Ratgebern. Mamas, die verzweifelt überlegen, wie sie ihren Sohn von der Playstation wegbekommen, kriegen die exakt gleichen Tipps. Und da funktionieren sie wahrscheinlich auch schon nicht.
Dein Freund (oder Mann) ist kein Kind mehr und er will auch nicht von dir bemuttert werden.
Selbst wenn er sich im Gespräch mit dir darauf eingelassen hat, einen dieser Vorschläge umzusetzen, gut fand er die Idee tief in seinem Inneren nicht. Er hat vermutlich nur dir zu Liebe zugestimmt.
Würdet ihr diese Ideen durchziehen, würdet ihr beide in einer Eltern-Kind-Dynamik landen. Diese Dynamik ist Gift für eine Liebesbeziehung. Dein Mann würde anfangen zu rebellieren (aus der Kind-Rolle heraus) und du würdest dich frustriert fühlen (aus der Mama-Rolle heraus). Außerdem würde der Sex in eurer Beziehung flöten gehen. Denn niemand möchte mit einem Kind oder mit Mama ins Bett.
Wenn ihr bereits in dieser schädlichen Dynamik gelandet seid, keine Sorge, man kann auch wieder herauskommen. Wie das geht, lernt ihr in der Paartherapie. Du kannst mich gleich hier kontaktieren und einen Termin für ein Erstgespräch vereinbaren. Alternativ kannst du mir eine Email an hallo@fraginga.de schreiben.
Was du tun kannst, wenn dein Mann zu viel zockt
Am Anfang schrieb ich bereits, dass dein Problem bei dir liegt. Was meine ich damit? Dich stört nicht, dass er gerne zockt. Wahrscheinlich hat er schon immer gerne gezockt. Du hast ihn vermutlich bereits so kennen und lieben gelernt und es war auch nie ein Problem. Bis jetzt.
Jetzt ist es ein Problem, weil du glaubst, er würde lieber zocken, statt etwas mit dir zu unternehmen – und wenn es nur etwas Simples ist wie „gemeinsames Kochen oder Zusammensitzen“. Dich stört, dass er nicht ansprechbar ist und du dich ignoriert fühlst. Was du dir wünschst, ist kein Mann, der weniger zockt. Du wünschst dir mehr Nähe und Aufmerksamkeit von deinem Partner.
Das Einzige, was kurzfristig helfen kann: das Gummiband-Prinzip
Die gute Nachricht ist: Das Eine schließt das Andere nicht aus. Er kann weiterhin zocken und du kannst trotzdem mehr Nähe haben. Es gibt ein sehr einfaches Mittel, um das zu erreichen, das überhaupt nichts mit Nörgeln oder Gaminglimits zu tun hat: Lass ihn alleine. Damit meine ich physisch alleine – auch wenn das erst einmal nicht das ist, was du willst. Lass ihn alleine vor dem Fernseher sitzen und mache etwas anderes. Es klingt kontraproduktiv, aber es funktioniert.
Ich kann schon hören wie du sagst: „Wie soll ich mehr Nähe kriegen, wenn ich auf Distanz gehe?“ Berechtigte Frage. Es funktioniert nach dem Gummiband-Prinzip.
Stell dir vor, um euch beide liegt ein Gummiband. Gehst du weg, erzeugst du Spannung auf dem Band. Je weiter du weggehst, desto stärker wird sie, bis er irgendwann zu dir zurückgeschossen kommt. Davon hast du bestimmt schon gehört. So kriegst du die Nähe, die du dir wünschst.
Was hat das jetzt mit Zocken zu tun?
Es ist ganz einfach: Wenn dein Freund beim Spielen seine Adrenalin- und Dopaminkicks bekommen hat, erhält er am Ende auch erhöhte Testosteronwerte. Er braucht Testosteron, um sich gut zu fühlen. Männer brauchen etwa zehn bis dreißig Mal mehr Testosteron als Frauen.
Bei Männern wird Testosteron freigesetzt, wenn sie etwas erreicht, also eine Aufgabe gelöst haben. Das geht beim Zocken ganz einfach. Die Probleme in Videospielen sind zwar herausfordernd, aber immer lösbar. Es gibt ein klares Zeil und einfache Schritte, die man gehen muss, um das Ziel zu erreichen. Das Ergebnis: Testosteron – und ein zufriedener Mann.
Im realen Leben ist es für deinen Freund nicht so einfach an Testosteron zu kommen. Wann sind die Probleme im echten Leben schon mal einfach oder schnell gelöst? Durch seine alltäglichen Probleme passiert für deinen Freund das Gegenteil. Sein Körper setzt Östrogen frei. Er fühlt sich gestresst oder überfordert.
Weißt du was noch dazu führt, dass er mehr Östrogen im Körper hat? Du.
Die Frau, die er über alles liebt und mit der er mit Sicherheit sehr gerne Zeit verbringt, setzt in ihm Östrogen frei. Das ist auch gar nicht schlimm. Problematisch wird das nur, wenn er bereits hohe Östrogenwerte hat, weil er zum Beispiel sehr gestresst ist oder einen anstrengenden Tag hatte. Was er dann braucht, ist eine Dosis Testosteron.
Es ist gemein, aber das hat die Natur uns eingebrockt. Das beste Mittel um ihn schnell dazu zu kriegen, wieder mehr Zeit mit dir zu verbringen, ist Testosteron und das kriegt er am schnellsten, wenn du, die Östrogenschleuder, nicht da bist.
Lies auch: So bleibst du für deinen Mann interessant – 3 Tricks, die wirklich funktionieren
Dein Mann zockt zu viel? Mach dich rar!
Das Beste, was du tun kannst, ist also auf Distanz zu gehen. Sein Testosteronlevel wird steigen, parallel wird er dich vermissen und irgendwann ist die Spannung auf dem Band so groß, dass er zu dir zurückschnappt und er von sich aus vorschlagen wird, etwas mit dir zu machen.
Dabei musst du jedoch eine Sache beachten: Du musst wirklich weg sein. Du darfst nicht einfach neben ihm auf der Couch sitzen und geduldig warten, bis du ihn ansprechen kannst. Das ist nicht Sinn der Sache. Entferne dich von ihm. Mach etwas ganz anderes. Vollkommen egal, was es ist. Hauptsache du genießt es. Bonuspunkte gibt es, wenn es etwas ist, was du mit ihm nicht machen könntest.
Du und dein Freund seid inzwischen vermutlich in einem Teufelskreis gelandet: Je mehr du dich gegen das Zocken wehrst, desto öfter will er es machen. Das ist unsere normale Psychologie: Wenn ich etwas nicht haben kann, will ich es noch mehr. Also: Lass es ihn haben.
Kleine Randnotiz: Es gibt ein Paar-Spiel, das sich als Paartherapie für die Playstation positioniert. Es hat natürlich nicht wirklich etwas mit einer Paartherapie zu tun, kann aber ganz unterhaltsam sein, falls du doch mal mit ihm zocken möchtest und mit seinen Videospielen nichts anfangen kannst. Das Spiel heißt: „It Takes two – Paartherapie mal anders“ (du kannst es hier bei Amazon kaufen*).
Er zockt zu viel? Sprich mit ihm!
„Hilfe, mein Mann zockt zu viel!“
„Hast du schon mal mit ihm darüber geredet?“
„Nein.“
Die meisten Menschen machen es sich unnötig schwer im Leben, weil sie potenziell unangenehme Gespräche meiden. Wenn du einen Abend unbedingt mit deinem Freund verbringen möchtest, aber merkst, dass er sich bereitmacht zum Zocken, dann sprich ihn darauf an! Niemand sagt, dass er derjenige sein muss, der initiiert, dass ihr etwas zusammenmacht.
Wer weiß, vielleicht wünscht er sich, dass du mal diejenige bist, die vorschlägt, dass ihr etwas zusammen unternehmt. Männer wollen auch wissen, dass sie uns wichtig sind.
Außerdem ist es wirklich in keiner Beziehung so, dass beide gleichzeitig das Bedürfnis nach Nähe oder Distanz haben. Es kann durchaus passieren, dass er den Abend gerne für sich hätte, um zu zocken und dabei mit seinen Kumpels zu skypen, während du gerade das Bedürfnis nach Nähe und Zeit mit ihm hast. Das kann auch dann noch passieren, wenn ihr sonst eine gute Zock-Routine gefunden habt – und das ist auch gar nicht schlimm. In so einem Fall musst du es nur ansprechen. Gedankenlesen kann dein Freund nicht, aber dich glücklich machen will er bestimmt.
Ein klares „Ich brauche heute Nähe und will, dass wir zusammen kochen, essen und dann unsere Serie weitergucken“ wirkt Wunder. Wahrscheinlich wird er dir den Gefallen mehr als gerne tun. Und falls nicht: Dir schadet es auch nicht, wenn du ab und zu nicht haben kannst, was du willst.
Meine Empfehlung ist in so einem Fall: Lies das Buch „Alles kein Problem“ von Richard Carlson. Wirklich. Du kannst es an einem Abend easy durchlesen und wirst danach so viel entspannter sein. Du kannst es direkt hier bei Amazon bestellen.* Dann hast du etwas, was dich davon abhält, unnötig heftig zu reagieren, wenn er mal zocken will, statt Zeit mit dir zu verbringen.
Das Einzige, was langfristig hilft: emotionale Nähe
Falls Nähe in deiner Beziehung ein größeres Problem ist, lässt sich das natürlich nicht durch etwas Distanz lösen. Manche Paare haben tiefliegende Probleme mit emotionaler Nähe. Dann ist dein Freund vielleicht physisch da, aber emotional kommst du trotzdem nicht an ihn heran. Wenn das auf euch beide zutrifft, ist das belastend und das Problem wird auch nicht mit der Zeit von selbst weggehen, aber es ist ein lösbares Problem.
Ich habe ein Kombiprodukt erstellt, in dem du 10 verschiedene Strategien findest, um emotionale Nähe in einer Beziehung aufzubauen (oder zu stärken). Diese Strategien kannst du größtenteils alleine durchsetzen. Außerdem lernst du alles wichtige, was du wissen musst, um emotionale Intimität in einer Beziehung zulassen zu können. Denn dein Mann ist nur ein Teil des Problems, der Rest liegt bei dir. Klicke hier, um mehr darüber zu erfahren.