
Hallo Inga.
Liebe Grüße, Delia
Ich hatte gehofft, eine Einschätzung zu unserer Beziehung von dir zu bekommen:
(…) Ich neige zu Depressionen und (…) bin deshalb seit 2013 in einer Therapie. (Mein Mann) hatte schon Ende 2016 damit angefangen, mich immer wieder auf Distanz zu halten. Er konnte keine körperliche Nähe zulassen. Er sagte, er wäre zu aufgewühlt, um jetzt zu kuscheln. Er könnte die Berührungen jetzt nicht ertragen. Ich habe es lange persönlich genommen, weil ich es nicht richtig verstehen konnte. Mir ging es psychisch auch nicht gut, aber bei mir ist es dann so, dass mir die Nähe zu meinem Partner hilft und guttut (…)
Während meiner Schwangerschaft hat er vermehrt angefangen, auf der Couch zu schlafen und ist mir aus dem Weg gegangen. Er hat mich nicht wirklich unterstützt (…) Ich habe viel geweint. Gerade wenn ich abends schon wieder allein im Bett gelegen habe. Mittlerweile gibt es keine einzige Nacht mehr, in der er nicht auf der Couch schläft. Er sagt, er kann ohne Fernseher nicht mehr einschlafen, weil er sonst sein Kopfkarussel nicht abstellen kann. Eine Zeit lang hat er auffällig viel getrunken (innerhalb einer Woche eine 750ml Flasche Whiskey), immer abends auf der Couch. Ich hatte ihn darauf angesprochen und gesagt, dass ich mir Sorgen mache und Angst habe, dass das bald eskaliert (meine Eltern hatten beide ein Problem mit Alkohol, weshalb ich entsprechend empfindlich bei dem Thema bin). Er hat es eingeschränkt und trinkt nur noch ab und an ein Glas. (…) Als wir im März dann im Lockdown waren, ist es wieder sehr schlimm geworden. Er hat mich mal wieder mit dem Haushalt und dem Kleinen allein gelassen. Das Thema wird immer wieder bei uns besprochen, dann macht er hier und da was und hört nach und nach wieder auf… und lässt mich damit hängen (…)
Ich habe so oft schon versucht darüber zu reden. Wir haben viel geschrien, ich noch mehr geweint. Ich war schon mehrmals nach Wohnungen gucken, weil ich nicht mehr weiterwusste. Ich habe es ruhig versucht, aber er blockt mich ab. Er sagt dann immer sofort, ich will nur streiten, aber ich möchte doch einfach nur in Ruhe darüber reden, was wir noch machen könnten. Er hat meiner Meinung nach Depressionen und Schlafstörungen, aber lehnt einen Therapeuten komplett ab (…) Er meinte gestern morgen zu mir, er könnte mich nicht zwingen bei ihm zu bleiben und wenn ich das nicht möchte, müsse ich wohl gehen. Ich meinte, dass er es sich ganz schön leicht macht, aber das sieht er gar nicht so. Er würde sich sehr bemühen, nur könnte man es mir einfach nie recht machen… vielleicht haben wir beide wirklich ganz unterschiedliche Vorstellungen von einer Beziehung und es kann einfach nicht funktionieren?
Liebe Denise,
eure Beziehung kann absolut funktionieren. Ich sehe keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte. Jetzt kommt die schlechte Nachricht: Was ich über eure Beziehung denke, ist vollkommen egal.
Meine Meinung hat keine Auswirkungen auf euer Leben. Du brauchst keine Einschätzung von mir. Du brauchst Informationen und Werkzeuge, mit denen du arbeiten kannst. Das ist der eigentliche Knackpunkt. Du willst etwas an eurer Beziehung ändern.
Du hast das Gefühl, dein Mann lässt dich immer alleine. Was dein Mann macht, ist eigentlich Vernachlässigung, aber es fühlt sich an wie aktives Abweisen. Das löst eine Kaskade weiterer schlimmer Gefühle aus. Wer sich abgewiesen fühlt, glaubt er sei nicht gut genug. Du fühlst dich nicht gewollt und irgendwann auch einsam in deiner Beziehung.
Ich lese aus deiner Mail aber auch heraus, dass dein Mann ebenfalls leidet. Alkohol ist ein effektives, legales und günstiges Mittel, um Probleme zu vergessen, oder leichter zu ertragen. Wenn jemand „auffällig viel“ trinkt, dann hat er wahrscheinlich massive Belastungen in seinem Leben. Das muss nicht bedeuten, dass er ein Suchtproblem hat. Aber vielleicht ist er gefährdet. Gleichzeitig scheint er alles zu versuchen, um das Ruder herumzureißen. Es gibt keinen Grund, ihm nicht zu glauben, dass er sich bemüht. Aber es klappt trotzdem nicht. Er glaubt, er könne es dir „einfach nie recht machen“. Die Chancen stehen gut, dass er sich genauso hilflos fühlt wie du.
Sprechen wir nun also darüber, was du machen kannst, wenn dein Mann dich immer alleine lässt.
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„Mein Mann lässt mich immer alleine“: 1# Hör auf zu reden
Du hast vermutlich absolut recht mit dem, was du sagst. Er lässt dich hängen. In einer Beziehung sollte man nicht alleine gelassen werden, also wirst du wütend. Aber Vorwürfe hast du schon versucht – und sie haben nicht geholfen, oder?
Du hast ihm dein Leid bereits oft genug geklagt. Du hast schon „oft versucht darüber zu reden“, „geschrien“, „geweint“, sogar nach Wohnungen hast du bereits Ausschau gehalten. Das hat alles nicht funktioniert. Das Beste, was du jetzt tun kannst, ist ein radikal anderer Ansatz.
Es heißt, Wahnsinn sei immer wieder dasselbe zu tun, aber jedes Mal ein anderes Ergebnis zu erwarten. Also: Lass es. Hör auf, eure Probleme anzusprechen. Hör auf, zu meckern. Hör auf, ihm zu erzählen, wie sehr sein Verhalten dich belastet. Das funktioniert nicht.
Was du damit tust, ist dich selbst als Opfer zu positionieren. Du machst es vermutlich gar nicht bewusst, aber das spielt keine Rolle. Er spürt, dass du glaubst, du würdest die Lösung für eure Probleme schon kennen: Er müsste sich ändern, dann wäre alles gut. Natürlich fühlt es sich dann für ihn so an, als würdest du „nur streiten“ wollen. Warum sollte er sich immer wieder anhören, dass er das Problem ist? Er sieht das bestimmt nicht so.
Dass du eine andere Absicht verfolgst, wenn du das Gespräch suchst, ist egal. Er glaubt nicht, dass du an einer gemeinsamen Lösung interessiert bist. Er glaubt, du willst ihn angreifen. Also: Drück auf Pause und beende vorübergehend sämtliche Kritik in Bezug auf eure Probleme. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt dieselben Gespräche zum Hundertsten Mal zu wiederholen.
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“Mein Mann lässt mich immer alleine“: 2# Mach dir diese eine Sache bewusst
Jeder Ehepartner ist früher oder später eine große Enttäuschung. Wirklich. Es wäre überraschender, wenn du nie an den Punkt kommen würdest, an dem du glaubst, dass eine Trennung die beste Option wäre.
Das liegt nicht an überzogenen Erwartungen. Deine Erwartungen waren wahrscheinlich gar nicht zu hoch. Das ist das Problem: Wir glauben, wenn unsere Erwartungen nicht hoch sind, muss unser Partner sie erfüllen. Das stimmt nicht.
Dein Mann wird auch geringe Erwartungen regelmäßig unterbieten. Für den Rest deines Lebens – willkommen in der Ehe.
Das liegt daran, dass wir alle nur Menschen sind. Wir haben unterschiedliche Wünsche und unterschiedliche Vorstellungen von dem, was gut oder normal ist. Außerdem liegt es in unserer Natur faul, gedankenlos, egoistisch und auch gemein zu sein. Nicht immer (zum Glück), aber oft. Du wärst schockiert, wenn du wüsstest, was für Gemeinheiten sich glückliche Paare gegenseitig antun – mal bewusst, mal unbewusst.
Warum sage ich dir das alles? Weil wir auf Enttäuschungen überreagieren, wenn wir vergessen, dass sie zum Leben dazugehören. Dann werden wir wütend, wir ziehen uns zurück, und letztlich hören wir sogar auf, anderen zu vertrauen.
Ich verrate dir etwas: Wenn du anfängst bei wiederholten Enttäuschungen so zu reagieren, wirst du am Ende niemanden mehr haben, den du liebhaben kannst. Das gilt nicht nur für deinen Mann. Eltern enttäuschen ihre Kinder, Kinder enttäuschen ihre Eltern, Freunde enttäuschen sich gegenseitig – das ist einfach das Leben.
Es ist wichtig, dass du dir das bewusst machst, weil sich die Situation dadurch entspannen kann. Der Fokus liegt nicht mehr darauf, wie wütend und enttäuscht du bist, oder was er getan hat. Stattdessen kannst du den Fokus auf Verständnis legen. Warum hat er das getan? Denn das ist die Stellschraube, an der ihr drehen könnt, damit diese Enttäuschung sich nicht wiederholt.
Und lass dich nicht täuschen: Das ist das Einzige, was in einer Beziehung möglich ist. Enttäuschungen werden immer wieder kommen. Ihr könnt nur dafür sorgen, dass es nicht jedes Mal dieselbe ist.
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“Mein Mann lässt mich immer alleine“: 3# Fang an zuzuhören
Ich predige immer wieder: Beziehungen beruhen auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Wenn du etwas von deinem Mann willst, musst du erst etwas für ihn tun. Erst geben, dann nehmen. Das ist das Prinzip hinter jeder guten Beziehung. Egal, ob romantischer Natur, freundschaftlicher oder beruflicher.
Der Grund dafür ist, dass Menschen sich revanchieren wollen – im Guten wie im Schlechten. Wenn dir jemand etwas Gutes tut, willst du dieser Person auch etwas Gutes tun (vor allem dann, wenn du insgeheim glaubst, dass du diese Nettigkeit gar nicht verdient hast).
Du schreibst: „Wir haben viel geschrien“. Menschen fangen an zu schreien, wenn sie sich nicht gehört fühlen. Du fühlst dich nicht gehört, ich weiß. Aber dein Mann offensichtlich auch nicht. Wenn du willst, dass er dich hört und versteht, musst du erst dasselbe für ihn tun.
Jetzt könnte man noch darüber diskutieren, warum du den Anfang machen solltest. Warte bitte nicht aus Prinzip darauf, dass er den ersten Schritt unternimmt. Eure Ehe braucht einen Helden. Jemanden, der über seinen eigenen Schatten springt und auf den Anderen zugeht. Sei du dieser Held.
Wenn wir uns schlecht behandelt fühlen, ist es selten, dass wir wirklich zuhören. Da schlägt das Prinzip der Gegenseitigkeit aus. Du denkst: „Er geht auch nicht auf mich ein, wieso sollte ich dann auf ihn eingehen?“ Meistens hören wir im Streit deshalb gar nicht zu, sondern warten nur ab, bis wir wieder an der Reihe sind zu sprechen. Dann tun wir alles, um den Anderen von unserem Standpunkt zu überzeugen. Auf jedes Argument folgt ein Gegenargument. Ich schlage vor, dass du in Zukunft das genaue Gegenteil tust.
Versuche bewusst, dich in kritischen Momenten von seinem Standpunkt überzeugen zu lassen. Es geht darum, dass du lernst ihn zu verstehen. Du musst nicht immer einverstanden sein, aber du musst ihn immer verstanden haben. Das ist wichtig.
Es müssen nicht einmal Dinge sein, die mit der Problematik, dass du dich alleine gelassen fühlst, zu tun haben. Das können auch scheinbar unwichtige Kleinigkeiten sein, die gar nichts mit euren Problemen zu tun haben. Wenn er merkt, dass du bei Kleinkram Verständnis für seinen Standpunkt hast (und deine Meinung auch mal ändern kannst), wird er sich sicher genug fühlen, mit dir über größere Probleme zu sprechen. Das ist dein Ziel. Du willst, dass dein Mann aufhört abzublocken. Das erreichst du nur, wenn er wieder das Gefühl hat, dass es etwas bringt mit dir zu reden.
Ich habe den Eindruck, dass du vieles über seine Probleme und Beweggründe nicht weißt. Du schreibst, er hätte deine Berührungen „nicht ertragen“ können und du hättest es nicht richtig verstanden, weil dir Nähe bei Belastungen hilft. Aber dann springst du zum nächsten Thema. Hast du es denn jetzt verstanden? Warum konnte er deine Berührungen „nicht ertragen“?
Er hätte dir auch gesagt, dass er „sein Kopfkarussel nicht abstellen“ könne. Welches Kopfkarussel? Was sind das für Gedanken, die ihn nachts wachhalten? Hast du nachgefragt? Er hat dir außerdem gesagt „er würde sich sehr bemühen“, aber man könne es dir „einfach nie rechtmachen“. Auch darauf gehst du nicht weiter ein. Siehst du die Bemühungen, von denen er spricht? Verstehst du, warum er glaubt, er könne es dir nicht rechtmachen?
Mir musst du diese Fragen nicht beantworten (auch sonst keinem), aber es ist wichtig, dass du selbst die Antworten kennst. Geh nicht einfach davon aus, dass du es weißt. Frag nach. Du wirst erstaunt feststellen, dass deine Vermutungen sehr oft komplett daneben liegen.
Wenn du also in der nächsten Zeit merkst, dass du gerade kein Verständnis für sein Verhalten hast, halte inne. Das ist dein Zeichen dafür, die neue Taktik des Zuhörens und Nachfragens anzuwenden.
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“Mein Mann lässt mich immer alleine“: 4# Wirf einen kritischen Blick in den Spiegel
Du schreibst, dein Mann hätte deiner „Meinung nach Depressionen und Schlafstörungen“. Vielleicht hast du damit sogar recht, aber machst du es dir mit dieser Diagnose nicht auch einfach? Es wäre schön, wenn man seinen Partner zum Therapeuten geben könnte und der würde ihn optimieren. Zurück kommt ein Ehemann 2.0, mit dem es keine Probleme mehr gibt. So läuft es aber leider nicht.
Wenn du willst, dass er eine Therapie macht, damit er sich besser fühlt, ist das eine noble Sache. Wenn du aber willst, dass er eine Therapie macht, damit ein Teil eurer Probleme verschwindet, bist du auf dem Holzweg. Egal, wie platt der Pfannkuchen ist, er hat zwei Seiten. Deshalb würden eure Probleme, selbst wenn dein Mann zur Therapie gehen würde, nicht verschwinden, so lange du dich nicht auch veränderst. Du bist ein Teil des Problems.
Vielleicht glaubt dein Mann, dass du ihn grundlos anzickst, oder übermäßig kritisierst. Vielleicht fühlt er sich von dir auch nicht genügend unterstützt. Fakt ist: Du trägst zu euren Problemen bei und es liegt in deiner Verantwortung herauszufinden wie. Das passiert übrigens bestimmt nicht in böser Absicht. Es kommt häufig vor, dass wir unsere Partner verletzen, ohne es zu merken. Das macht es für den Anderen aber nicht weniger schmerzhaft.
Reflektiere dein eigenes Verhalten. Schreib dir jedes Mal auf, wenn ihr zwei eine Auseinandersetzung hattet, und analysiere dann, was kurz davor passiert ist. Was hast du gemacht oder gesagt? Wie hat er reagiert? Vielleicht erkennst du in ein paar Tagen schon ein Muster.
Lass dir für diesen Schritt ruhig die nötige Zeit. Oft ist alles, was man braucht, damit sich ein Problem löst, ein wenig Freiraum. Gib euch beiden den nötigen Raum zur Veränderung.
Das bedeutet nicht, dass du ausziehen sollst, aber versuche zuhause Möglichkeiten für Abstand zu schaffen. Ruf ihn nicht sinnlos im Laufe des Tages an. Schreib ihm nicht einfach so. Nur für eine Weile. Verbringe einen Abend bei deiner Mama, geh spazieren, sperr dich für einen Wellness-Abend im Bad ein – es ist fast schon egal, was du machst. Gib ihm die Chance, durchzuatmen und dich zu vermissen. Und nutze diese Zeit selbst zur Reflexion.
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“Mein Mann lässt mich immer alleine“: 5# Rechne mit Rückfällen
Gerade wenn du glaubst, dass es endlich besser wird, wird es einen massiven Rückschritt geben. Lass dich davon nicht verunsichern. Veränderungen brauchen nicht nur ihre Zeit, sie verlaufen auch nicht linear. Es wird Höhen und Tiefen geben und es kann passieren, dass ihr von einem Tag auf den Anderen plötzlich wieder da seid, wo ihr vor Monaten angefangen habt.
Das ist okay. Vor einer Grundreinigung herrscht immer mehr Chaos.
Du schreibst, dass es im Lockdown im März „wieder sehr schlimm geworden“ sei. Rechne damit, dass es im Lockdown im Dezember wieder so wird, vielleicht auch schlimmer.
Eine Pandemie ist beängstigend. Wir hatten so eine Situation noch nie. Die Folgen der Corona-Pandemie auf unsere Psyche müssen erst noch erforscht werden, aber es wäre naiv zu glauben, dass es keine gibt. Gleichzeitig gibt es im Lockdown nur sehr wenig Abstand in Beziehungen. Homeoffice, Homeschooling, fehlende soziale Kontakte – im Corona-Lockdown herrscht der Ausnahmezustand. Die einzigen Dinge, die helfen würden, Sicherheiten, Abwechslung und Freiräume, fehlen.
Du schreibst, dass du wegen Depressionen in Behandlung bist und glaubst, dass dein Mann auch depressiv ist. Natürlich werden eure Probleme dann im Lockdown schlimmer. Warum sollte es denn in dieser Chaos-Zeit besser werden? Die Wirtschaft leidet massiv, ihr könnt eure Lieben nicht sehen und alles Gewohnte fällt weg. In China sind nach dem ersten Lockdown die Scheidungsquoten in die Höhe geschossen.
Wenn diese Pandemie nicht die glücklichsten Jahre in eurer Ehe werden, ist das nachvollziehbar. Versuche nachsichtig mit dir selbst und mit ihm zu sein. Ihr habt es gerade beide nicht einfach. Wichtig ist, dass ihr trotzdem zusammensteht und versucht euch gegenseitig zu helfen. Wenn du ihm aktuell mehr helfen musst als er dir, ist das auch okay. Erinnere dich an das Prinzip der Gegenseitigkeit. Außerdem gleicht sich in Beziehungen auf Lange Sicht alles aus. Der Tag wird kommen, wenn er dir mehr hilft als du ihm.
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„Mein Mann lässt mich immer alleine“: 6# Sag, was du willst, aber richtig
Die meisten Partner geben das, was sie bekommen. Wenn er sich nicht unterstützt fühlt, wird er auch dich nicht unterstützen. Oft merken Männer aber gar nicht, dass sie ihre Frauen alleine lassen. Er hat in der Kindheit bestimmte Verhaltensweisen gelernt, und dann einfach ungefragt übernommen. Dass dieses Verhalten dir schadet, sieht er nicht. Er kennt es nicht anders, deshalb ist es für ihn normal. Er denkt vielleicht sogar, dass er alles für dich tut und DU das Problem bist, weil du seine Mühen nicht siehst.
Wenn du es mit jemandem zu tun hast, der sich in seinen Augen normal verhält, kommst du nicht weit, wenn du versuchst ihn davon zu überzeugen, dass es nicht normal ist. Für ihn ist es normal. Stattdessen musst du lernen, wie du Wünsche äußerst, ohne seine Herangehensweise abzuwerten.
Im ersten Schritt ging es darum, mal nicht zu reden. Stattdessen solltest du zuhören und dich um dich kümmern. Das bedeutet aber nicht, dass du ab jetzt Konflikte vermeiden sollst. Es geht vielmehr darum, dass du lernst die Dinge richtig anzusprechen. Du musst deinem Mann alles sagen können. Aber das bedeutet nicht, dass du es ihm unüberlegt an den Kopf klatschen kannst.
„Wir gehen nie aus“ oder „Ich hätte richtig Lust, mal wieder ins Kino zu gehen“ – merkst du welchen Unterschied die Formulierung macht? Die erste Aussage ist ein Vorwurf, die zweite ein Wunsch. Dabei willst du in beiden Fällen auf das Gleiche hinaus. Dein Ziel ist, dass ihr wieder ausgeht. Du musst lernen, deine Wünsche wieder als Wünsche und nicht als Vorwürfe zu formulieren.
Auch bei Forderungen gibt es einen Unterschied. „Wann hast du eigentlich das letzte Mal die Spülmaschine ausgeräumt?“ oder „Schatz, ich hatte so einen anstrengenden Tag, kannst du bitte die Spülmaschine ausräumen?“.
Ein anderes Thema ist es, wenn das Ausräumen der Spülmaschine sein Job ist und er ist versäumt hat. An dieser Stelle versagen jedoch die meisten Frauen, weil sie ihre Männer nicht die natürliche Konsequenz ihres Handelns spüren lassen. Wenn dein Mann die Spülmaschine nicht ausräumt, ist die logische Konsequenz nicht, dass du es tust und sauer wirst. Die logische Konsequenz ist, dass es liegen bleibt und ihr irgendwann kein sauberes Geschirr mehr habt.
Klar, das ist auch für dich unangenehm, aber Wachstum ist nicht bequem. Manchmal gibt es Wachstumsschmerzen. Langfristig hilfst du dir aber mehr, wenn du das Unangenehme aushältst.
Wenn er merkt, dass sein Handeln Konsequenzen hat, wird er es anpassen. Aber eine Konsequenz ist nie, dass du zickig bist. Im Gegenteil: Negatives Verhalten wird nicht mit Aufmerksamkeit belohnt. Konsequenzen müssen natürlich sein. Er bringt den Müll nicht raus? Dann bleibt er eben im Haus und fängt an zu stinken. Er lässt seine dreckige Wäsche überall liegen? Dann wird sie nicht gewaschen. Spätestens, wenn er keine Unterhosen mehr hat, wird er sein Verhalten überdenken.
„Mein Mann lässt mich immer alleine“: 7# Hilf dir selbst
Wenn du deinen Mann wiederholt um Unterstützung oder Hilfe bittest und er lässt dich hängen, dann bedeutet das nicht, dass du leiden musst, bis er es sich anders überlegt. Du bist nicht hilflos. Du bist auch nicht abhängig von ihm. Du kannst dir selbst helfen.
Wenn du dringend einen Abend für dich brauchst, bitte ein Familienmitglied auf dein Kind aufzupassen. Manchmal hilft es auch, ihn einfach mit dem Kind alleine zu lassen. Es ist kein Verbrechen ein Kind bei seinem Vater zu lassen. Wenn du nicht mehr da bist, ist die natürliche Konsequenz daraus, dass er lernen muss, alleine mit seinem Kind zurechtzukommen. Es gibt eigentlich nichts Besseres für einen Mann, als wenn er einfach mal Papa sein kann, ohne dass Mama ihm sagt, wie er das anstellen soll.
Das gleiche Prinzip lässt sich auf alle Lebensbereiche anwenden. Du brauchst ein offenes Ohr? Ruf deine beste Freundin an. Keine Lust heute zu kochen? Verabrede dich mit deiner Mama. Heute kocht sie, beim nächsten Mal lädst du sie zu dir ein.
Du kannst alles auch ohne deinen Mann schaffen. Sieh dir alleinerziehende, berufstätige Mütter an. Sie schaffen es auch. Natürlich heißt das nicht, dass du ab jetzt so leben sollst wie eine alleinerziehende Frau, obwohl du einen Mann hast. Es geht lediglich darum, dass du lernst, dass du selbstwirksam bist. Diese Selbstständigkeit wird dir dabei helfen, dich besser zu fühlen (ein Gefühl der Hilflosigkeit kann sogar zu Depressionen führen, nimm das nicht auf die leichte Schulter).
Außerdem kann genau das der nötige Weckruf für deinen Mann sein. Wenn er merkt, dass du auch ohne ihn sein kannst, wird er merken, dass er das nicht will. Das ist vielleicht genau das, was er braucht, um seinen Hintern hochzukriegen und seine eigenen Probleme anzugehen.