
Das Wichtigste vorab: Wenn ihr ständig wegen allem streitet, streitet ihr eigentlich wegen nichts.
Ständiger Streit in der Beziehung ist nahezu ein Garant dafür, dass es nicht wirklich um die Dinge geht, über die gestritten wird.
Niemand interessiert sich tatsächlich dafür, wie der andere die Zahnpastatube ausdrückt. Hast du früher bei einer Klassenfahrt die Zahnpastatuben der anderen Mädels in deinem Zimmer inspiziert, um zu sehen, wie sie ihre Tuben ausdrücken? Selbstverständlich nicht. Das wäre verrückt.
In Beziehungen spielen Zahnpastatuben aber plötzlich eine große Rolle. Genauso wie Socken, leere Wasserflaschen, schmutzige Kaffeetassen und viele weitere belanglose Dinge. Stört sich noch jemand daran, wie der Partner Brötchen belegt? Nein, nur ich? Okay.
Das liegt nicht daran, dass alle Menschen in einer Beziehung auf magische Weise den Verstand verlieren. Auch in einer Beziehung ist die Zahnpastatube unwichtig, aber es ist viel einfacher sich über die Zahnpastatube aufzuregen, statt darüber, dass man seit Monaten nicht mehr miteinander geschlafen hat.
Würde man die Dinge ansprechen, die einen tatsächlich stören, müsste man sich verletzlich machen. Also streitet man lieber wegen Kleinigkeiten.
Das große Problem: Man weiß selbst nicht, was das Problem ist
Die Sache ist die: Unser Ego ist extrem gut darin, sich selbst zu schützen. Deshalb ist uns gar nicht unbedingt bewusst, was uns eigentlich stört. Wir wissen nur, dass unser Partner auf einmal verdammt laut kaut – und dass wir ständig streiten.
Die Kau-Lautstärke deines Partners war sehr wahrscheinlich für die ganze Dauer eurer Beziehung dieselbe. Lass dies ein erstes Indiz dafür sein, dass das Problem nicht sein Kauen ist. Würde er leiser kauen, würde dich etwas anderes an ihm stören. Vielleicht wäre es dann seine Atem-Lautstärke. Man weiß es nicht.
Wenn du wirklich willst, dass der ständige Streit aus eurer Beziehung verschwindet, musst du dir erst einmal bewusst machen, woher er kommt.
Setz dich mit einem Blatt Papier hin und analysiere euer Haupt-Streitthema.
Das ist wichtig. Nimm dir Zeit und ein Blatt, um deine Gedanken tatsächlich aufzuschreiben. So kannst du nicht von deinen eigenen Gedanken abgelenkt werden (passiert schneller als man denkt). Außerdem zwingt der Prozess des Aufschreibens dich zur Konzentration. Plötzlich ploppen Dinge auf, an die du vorher nie gedacht hast, und dir werden Zusammenhänge klar, die du nie gesehen hast.
Stell dir mehrfach die Frage „Warum?“, um an die Wurzel des Problems zu kommen. Warum regt mich das auf? Warum denke ich so? Warum fühle ich mich so? Stell dir diesen Prozess wie Zwiebelschälen vor. Mit jedem Warum entfernst du eine Schicht und näherst dich dem Kern.
Manchmal schafft man es nicht, das Problem alleine zu finden. Das ist vollkommen okay. Hol einfach deinen Partner zu Hilfe. Sag ihm, dass du weißt, dass das echte Problem nicht die Zahnpastatube sein kann (oder was auch immer du sonst vorschiebst). Erklär ihm, dass du herausfinden willst, was dich wirklich stört. Oder auch, was ihn wirklich stört. Männer schieben genauso Kleinigkeiten vor wie Frauen.
Dann könnt ihr gemeinsam herausfinden, was eure Beziehung belastet, um das ständige Streiten zu beenden.
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Ständiger Streit in der Beziehung? Einfach mal den Mund halten
Was macht man, wenn es in einem Haus eiskalt ist?
Man geht auf die Suche nach undichten Stellen. Man tauscht die Dachbodendämmung aus, oder man baut neue Fenster und Türen ein.
Oder: Man dreht einfach die Heizung auf.
Im Idealfall macht man beides.
Befindet man sich in einem eiskalten Haus, dreht man erst einmal die Heizung auf und zieht sich etwas Warmes an. Man will ja nicht frieren. Gehört einem das Haus, arbeitet man im Anschluss aber an einer besseren Wärmeisolierung. Man will ja auch keine horrenden Heizkosten.
Wenn es ständigen Streit in einer Beziehung oder Ehe gibt, sollte man dasselbe tun.
Nach den Beziehungsproblemen hast du bereits im ersten Schritt gesucht. Langfristig werdet ihr sie angehen, aber kurzfristig solltet ihr ein bisschen Wärme in eure vom Streit gebeutelte Beziehung bringen.
Die erste Maßnahme dafür ist, einfach mal den Mund zu halten.
In einer Beziehung sollte man sich alles sagen können, so heißt es zumindest immer. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man sich auch alles sagen muss!
Wenn du und dein Partner ständig streitet, dann ist es bereits zur Gewohnheit geworden. Diese Gewohnheit müsst ihr erst einmal durchbrechen. Nichts eliminiert Streit schneller als ein bisschen Zurückhaltung.
Wenn du das nächste Mal schwer genervt von etwas bist, dann beiß dir auf die Zunge. Stell für dich die Regel auf, dass du nichts ansprichst, ehe nicht mindestens 24 Stunden vergangen sind. Wenn du dann noch immer wütend bist, kannst du es ansprechen. Wahrscheinlich hast du 90% der vermeintlichen Probleme bis dahin aber bereits vergessen – und das ist auch gut so.
Sich über Kleinigkeiten aufzuregen ist der Tod für jede glückliche Beziehung.
Ständiger Streit bricht fast immer wegen Kleinigkeiten aus. Natürlich geht es nicht wirklich um diesen Kleinkram, aber er ist der Auslöser. Sorg dafür, dass bei dir nichts mehr ausgelöst wird.
Wenn dir solche Auslöser begegnen, bist du in der Vergangenheit vermutlich an die Decke gegangen. Du hast die Situation nicht rational durchdacht, sondern einfach überreagiert. Dabei warst du wahrscheinlich auch nicht sehr nett. So entstehen bei deinem Partner Verletzungen, die er dir dann wiederum heimzahlt, indem er auch überreagiert und nicht sehr nett ist.
Im Endeffekt habt ihr dann eine Henne/Ei-Situation. Es gibt ständig Streit in eurer Beziehung und man kann nicht mehr sagen, wo die Probleme angefangen haben.
Beende das Ganze heute, indem du den Kreislauf des Nicht-Nett-Seins unterbrichst.
Wenn dein Mann mal wieder die Küchenschränke offengelassen hat, mach sie zu. Wenn er dich grundlos angezickt hat, zick nicht zurück. Wenn seine Socken neben dem Wäschekorb liegen, lass sie liegen oder schmeiß sie in den Wäschekorb. Sag aber in jedem Fall nichts dazu.
Gönn dir selbst eine Aufreg-Pause und schau, was das mit eurer Beziehung macht.
Ich selbst habe diese Aufreg-Pause sogar als dauerhaftes Element in unsere Beziehung implementiert. Ich habe mir selbst die Regel auferlegt, dass ich mich jeden Tag über eine Sache, die mich eigentlich nerven würde, nicht aufrege.
Wie genau das funktioniert, erfährst du hier: 6 Maßnahmen, mit denen du eure Beziehung stärken kannst.
Ständiger Streit in der Beziehung: Wenn man nicht bei der Sache bleibt
Ein weiterer Grund, warum es in Beziehungen dazukommt, dass Partner nur noch streiten, ist das so genannte „kitchen-sinking“.
Kitchen sink ist Englisch und bedeutet übersetzt „Spüle“. Man benutzt hier also als Sinnbild die Spüle, die mit schmutzigem Geschirr vollgestopft wird.
Man benutzt diesen Begriff, wenn Paare nicht bloß über eine Sache streiten, sondern diese Sache zum Anlass nehmen, um alles, was sie jemals gestört hat, anzusprechen.
Statt einem Teller nach dem anderen abzuwaschen, wird sämtliches schmutziges Geschirr des Hauses in die Spüle geknallt. So lange bis es unmöglich ist, darin irgendetwas abzuwaschen.
Dein Partner spricht zum Beispiel an, dass es ihn gestört hat, als du Gäste eingeladen hast, ohne mit ihm darüber zu sprechen. Dann konterst du damit, dass er letzte Woche zugesagt hat, dass ihr seine Mutter zum Brunch besucht, ohne dich gefragt zu haben. Dann kontert er wieder mit etwas anderem und letztlich kommt ihr vom Hölzchen, aufs Stöckchen, aufs Steinchen.
So könnt ihr ewig weiterstreiten, weil sich immer noch etwas finden wird, was der andere getan hat. Wir haben hier schließlich eine Henne-Ei-Situation. Keiner von euch kann sagen, wann die Probleme angefangen haben.
Effektiv erreicht ihr mit dieser Methode gar nichts. Kein Thema wird so angesprochen, dass man es klären kann. Keiner übernimmt Verantwortung für sein Handeln, weil ihr viel zu sehr damit beschäftigt seid, den anderen anzugreifen. Keiner fühlt sich verstanden.
In so einer Situation ist es kein Wunder, dass in eurer Beziehung ständig gestritten wird.
Wenn du etwas hast, was du klären willst, bleib bei der Sache.
Sprich nur diesen einen Vorfall an, der dich gestört hat. Wenn dein Mann etwas anspricht, hör ihm zu. Kontere nicht mit etwas, was er getan hat. Bleib immer nur bei der einen Sache, die ihr als erstes angesprochen habt.
Klärt diesen Punkt, dann könnt ihr in einer anderen Unterhaltung das nächste Thema ansprechen.
Es ist am Anfang ungewohnt, aber denk an die volle Spüle. Ist erst einmal ein Berg Geschirr in der Spüle, kannst du nicht mehr abwaschen. Du müsstest erst alles wieder herausholen und dann eins nach dem anderen abwaschen.
Mehr erfahren: Mit dieser einen Sache kannst du jeden Streit beenden
Ständiger Streit in der Beziehung, weil man die Dinge falsch angeht
Ständiger Streit in einer Beziehung ist eine Form der Eskalation. Es gab mal ein gesundes Maß an Streit in der Beziehung, doch dann ist die Situation eskaliert und jetzt streitet man ständig.
Eine weitere Ursache ist, dass man an Streit falsch herangeht.
Die Paare, die ständig streiten, fokussieren sich auf ihre Unterschiede. Glückliche Paare schauen selbst im Streit lieber auf ihre Gemeinsamkeiten.
Versuch das nächste Mal, wenn sich ein Streit anbahnt, Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
Unterstell sie deinem Mann einfach.
Sag zum Beispiel sowas wie: „Ich weiß, dass uns beiden Zeit mit der Familie wichtig ist. Ich weiß auch, dass wir beide Zeit zu zweit brauchen. Wie schaffen wir es, dieses Wochenende beides unter einen Hut zu bringen?“.
Du hättest ihm auch vorwerfen können, dass ihm Zeit mit der Familie und mit dir egal ist und dass er lieber mit seinen Jungs unterwegs ist, aber mal ehrlich, wem hätte das geholfen? Mal abgesehen davon, dass du gar nicht weißt, was er denkt.
Statt ihm das Negative zu unterstellen, kannst du ihm also genauso gut das Positive unterstellen. Mit letzterem kriegst du eher das, was du willst.
Wenn man sich konstant gegenseitig darin bestärkt, wie unterschiedlich ist, ist es kein Wunder, dass es zu Streit kommt. Es wäre auch kein Wunder, wenn der Streit irgendwann eskaliert.
Fang eine Diskussion also lieber damit an, dass aufzählst, worin ihr euch einig seid. Auch während eines Streits kannst du immer mal wieder innehalten und zusammenfassen, welche Ansichten ihr diesbezüglich teilt.
Am Anfang fühlt es sich vermutlich verkrampft und ungewohnt an, aber irgendwann du das ganz automatisch.
Lesetipp: 7 Kleinigkeiten, die deinen Mann glücklich machen
Ständiger Streit in der Beziehung ist manchmal eine Frage der Wahrnehmung
Wir haben dieses Bild vor Augen, wie eine Beziehung sein muss, damit sie für immer hält und glücklich ist. Wir glauben, dass beide Partner harmonieren müssen. Dass sie nur selten streiten dürfen und wenn, dann muss der Streit ruhig ablaufen und das Problem ein für alle Mal klären.
Dieses Bild ist vollkommener Quatsch.
Der Psychologe Dr. John Gottman hat bereits Anfang der 90er seine Forschungsergebnisse zu stabilen Ehen veröffentlicht. Er hat herausgefunden, dass es drei stabile Beziehungstypen gibt, die zu einer glücklichen Ehe führen:
- Bestätigend
- Vermeidend
- Explosiv
Paare, die sich gegenseitig bestätigen, sind die Paare, die unserem gesellschaftlichen Bild eines glücklichen Paares entsprechen. Sie leben harmonisch zusammen, versuchen den Standpunkt des anderen immer zu verstehen, beenden gegenseitig ihre Sätze und wissen, wann es sich lohnt zu streiten und wann nicht. Das sind auch die Paare, die es schaffen im Streit keine Vorwürfe zu machen, sondern „Ich“-Aussagen machen. Das Einhorn unter den Langzeit-Beziehungen.
Es gibt aber noch die Paare, die das tun, wovon alle Ehetherapeuten da draußen immer abraten: Die einen vermeiden Streit einfach komplett und die anderen streiten explosiv.
Gottman fand heraus, dass diese beiden Paartypen genauso glücklich waren und genauso stabile Ehen führten.
Im Übrigen haben alle drei Beziehungstypen ihre Vor- und Nachteile.
Muster-Paare, die ihre Beziehung bestätigend führen, laufen zum Beispiel Gefahr sich darin zu langweilen. Das sind nämlich genau die Paare, die irgendwann von sich sagen, dass sie mehr Freunde als Liebhaber geworden sind und dass in der Beziehung irgendwie die Luft raus ist. Es ist also nicht alles Gold, was glänzt.
Der Knackpunkt ist lediglich, dass sich zwei finden müssen, die denselben Typ bevorzugen. Wenn ein Vermeider in einer Beziehung mit jemandem lebt, der explosiv ist, ist das für beide Parteien belastend. Der Partner, der Streit lieber vermeidet, fühl sich permanent angegriffen, während dem anderen Partner die Stimulation (und auch das Prickeln) einer guten Debatte fehlt.
Das heißt nicht, dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, wenn man nicht dasselbe Beziehungsmuster lebt. Kaum ein Mensch ist zu 100% explosiv, oder zu 100% bestätigend. Es gibt Raum für Kompromisse und auch Veränderungen. Man muss lediglich aushandeln, wie man die eigene Beziehung gestalten möchte.
Lesetipp: „Mein Mann ist nur noch genervt von mir“ – 4 Tipps, die helfen