In den 90er Jahren wurde eine Studie durchgeführt, bei der die Probanden sich ein kurzes Video ansehen sollten. Darauf zu sehen waren zwei Teams mit jeweils drei Spielern. Ein Team war in weiß gekleidet und das andere in schwarz. Die Aufgabe der Probanden bestand darin zu zählen, wie viele Pässe sich die jeweiligen Teams unter einander zu spielten.
Mitten im Video lief ein Schauspieler im Gorillakostüm durchs Bild. Ganz offensichtlich sogar. Er stellte sich zwischen die beiden Teams. Die meisten Probanden haben den Gorilla nicht bemerkt. Die Probanden waren so fokussiert auf ihre Aufgabe, die Pässe zu zählen, dass sie einen als GORILLA verkleideten Mann nicht gesehen haben.
Die Forscher Simons und Chabris, die dieses Experiment 1999 durchgeführt haben, tauften dieses Phänomen „Unaufmerksamkeitsblindheit“. In der Psychologie nennt man es auch selektive Wahrnehmung.
Dieses Phänomen hat einen wichtigen Grund. Es ermöglicht uns, dass wir uns auf eine Aufgabe so fokussieren können, dass wir sie auch erfolgreich abschließen. Ohne selektive Wahrnehmung würden wir die ganze Zeit von all den Hunderten Sinneseindrücken abgelenkt werden, die jede Sekunde auf uns einprasseln.
Ich könnte zum Beispiel keinen Artikel schreiben, weil ich ständig abgelenkt würde, von den Geräuschen, die mein Laptop macht, oder von dem, was draußen vor dem Fenster passiert.
Viele Männer benutzen dieses Phänomen gerne als Grund dafür, warum sie bestimmt Dinge im Haushalt nicht machen. Sie beteuern, dass sie anfallende Aufgaben einfach nicht sehen. Wäscheberge, die den gesamten Boden im Schlafzimmer bedecken, zum Beispiel.
In den USA wird das Problem mit unseren lieben Männern und dem Haushalt schon deutlich länger diskutiert, weshalb es dort bereits den Begriff „dirt blindness“ gibt. Also auf Deutsch „Schmutz-Blindheit“. Demnach würden Männer anfallende Aufräum- oder Putz-Arbeiten einfach nicht wahrnehmen und nur deshalb nichts im Haushalt machen.
Das Problem bei dieser Argumentation ist allerdings, dass die Probanden in der Gorilla-Studie nicht bloß Männer waren. Frauen sind von selektiver Wahrnehmung genauso betroffen wie Männer – und wir sehen ja auch, wenn in der Küche dringend gewischt werden muss.
Dass Männer Schmutz im Haushalt nicht sehen, stimmt also nicht.
Lesetipp: Nur noch genervt von deinem Mann? DAS kannst du tun
Wenn der Mann nichts im Haushalt macht, ist das Problem nicht „Schmutz-Blindheit“
Höchst wahrscheinlich haben wir es unseren Eltern zu verdanken, dass wir heute noch in einer relativ klassischen Rollenverteilung feststecken, zumindest wenn es um den Haushalt geht.
Dabei sind es nicht nur die Schwiegereltern, die deinem Mann nicht beigebracht haben, dass er verantwortlich für den Haushalt ist, sondern auch deine Eltern. Deine Eltern haben dir auch vermittelt, dass du die Hauptverantwortliche für den Haushalt bist. Deshalb willst du auch, dass dein Mann dir im Haushalt hilft. Die Betonung liegt hier auf „hilft“. Du solltest eigentlich keine Hilfe wollen. Das suggeriert, dass der Haushalt dein Job ist und du lediglich Unterstützung brauchst. Eigentlich brauchst du einen gleichberechtigten Partner, mit dem du dir den Haushalt teilst.
Nicht nur dein Partner steckt in einem alten Rollenmuster fest. Du steckst genauso in alten Rollenbildern fest.
An dieser Stelle muss ich die Eltern-Generation allerdings etwas in Schutz nehmen. Denn erstens haben sie es nicht anders erlebt und zweitens haben sie es vermutlich schon besser gemacht als ihre Eltern.
Dass dein Mann nichts im Haushalt macht, ist ein gesellschaftliches Problem, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Wenn du ab jetzt keinen Artikel mehr verpassen möchtest, dann abonniere gleich hier meinen Newsletter.
Warum Männer im Haushalt im besten Fall „helfen“
Jungs wird nicht beigebracht, dass sie Hausarbeit gleichberechtigt erledigen müssen. Dafür Mädchen umso mehr. Das ist schon mal schlecht. Wir machen es jedoch nicht besser, wenn wir unseren Männern durchgehen lassen, wenn sie im Haushalt viel weniger machen als wir.
Außerdem weiß ich nicht, wie oft ich schon den Tipp gelesen habe, dass man Männer loben sollte, wenn sie Hausarbeiten erledigen und egal, wie schlecht sie es gemacht hätten, man dürfe sie bloß nicht darauf hinweisen. Das ist so ein Blödsinn. Dank ist gut. Lob ist Quatsch, wenn die Tat nicht lobenswert war.
Wir reden hier von erwachsenen, kompetenten Männern, die durchaus in der Lage sind, den Tisch richtig abzuräumen. Wenn du unglücklich mit dem Ergebnis bist, dann sag ihm, was dich stört. Er wird es nie ändern, wenn er denkt, dass das, was er macht, schon super ist. Warum auch?
Sehr viele Frauen machen folgenden Fehler: Sie sehen, wie ihr Mann den Tisch abgeräumt hat. Kochen vor Wut, beißen aber die Zähne zusammen und bedanken sich für seine Hilfe im Haushalt. Dann warten sie, bis er weg ist, und bessern heimlich nach.
Wenn du auch dazugehörst, dann hast du deinem Mann Folgendes beigebracht:
- Du hast bestätigt, dass der Haushalt deine Verantwortung ist und er dir nur helfen muss.
- Du hast ihn ermutigt diese Aufgabe in Zukunft genauso wieder zu erledigen, weil du suggeriert hast, du wärst glücklich mit dem Ergebnis – und ich garantiere dir, dein Mann will dich glücklich machen.
Du sollst ihm sagen, wenn dich etwas stört, aber ständige Kritik ist nicht die Lösung. Der Ton macht die Musik. Wenn eure Streits eskalieren, nachdem du versucht hast, deutlich zu machen, wie du dich fühlst, dann ist eure Kommunikation problematisch. Gut kommunizieren kann man aber lernen. Genau dafür gibt es Paartherapien. Du kannst mich gleich hier kontaktieren und einen Termin zum Erstgespräch ausmachen.
Die Lösung: Zieh deinen Mann in die Verantwortung!
Stattdessen hättest du deinem Mann auch einfach sagen können, wie du die Aufgabe gerne erledigt hättest. Das hat im Übrigen auch nichts mit Kritik zu tun.
Sag einfach: „Schatz, kannst du beim nächsten Mal, nachdem du den Tisch abgeräumt hast, über die Tischplatte wischen? Sonst bleiben Flecken auf dem Holz.“ Dein Mann wird wahrscheinlich irgendetwas im Stil von „Oh sorry, mache ich beim nächsten Mal“ antworten. Thema erledigt.
Zumindest bis zum nächsten Mal, denn dann musst du es ihm wahrscheinlich wieder sagen. Veränderung braucht seine Zeit.
Das ist die EINE SACHE, die du wirklich IMMER tun solltest, wenn dein Mann im Haushalt „hilft“. Sag ihm was und wie er etwas tun soll. Wenn du ein Musik-Instrument bereits spielen könntest, das er noch lernen möchte, würdest du ihm doch auch gerne beibringen, wie es geht. Wo ist der Unterschied?
Natürlich hat es nichts mit Gleichberechtigung zu tun, wenn wir unseren Männern beibringen müssen, wie ein funktionierender Haushalt geführt wird. Aber irgendwo müssen wir schließlich anfangen. Seine Mutter wird es nicht nachholen. Meckern hilft auch nicht. Aber mit der Zeit wird er es lernen und du wirst sehr froh sein, dass du nicht aufgegeben hast und deine Situation aus eigener Kraft verbessert hast.