Habt ihr auch schon den Rat gehört, man bräuchte Gemeinsamkeiten in einer Ehe, sonst hätte man sich irgendwann nichts mehr zu erzählen? Eine Variation davon ist auch der Spruch: Gleich und gleich gesellt sich gerne.
So viele Frauen lassen sich täglich davon verunsichern, weil sie keine Gemeinsamkeiten mit ihrem Mann haben und fürchten, dies könne früher oder später das Eheaus bedeuten.
Professor Bill Chopik von der Michigan State University dachte auch, dass Gemeinsamkeiten in einer Ehe der Schlüssel zum Glück sind. Deshalb rief er eine umfassende Studie ins Leben, in der er die Daten von Tausenden Paaren analysierte, deren Ehen schon über 20 Jahre hielten. Er hat untersucht, ob Ehepaare mit vielen Gemeinsamkeiten glücklicher sind.
Das Ergebnis: Sind sie nicht.
Chopik und sein Team waren total überrascht von dem Ergebnis. Schließlich ist das der Konsens in unserer Gesellschaft. Zahlreiche Dating-Portale bauen ihr ganzes Geschäftsmodell rund um Tests auf, die Matches anhand von vielen Gemeinsamkeiten erstellen. Und nun kam heraus, dass gemeinsame Interessen oder ähnliche Persönlichkeiten für eine glückliche Ehe gar nicht so wichtig sind.
Chopik und sein Team haben neun verschiedene Arten von Eheglück untersucht (was auch immer das heißt). Gemeinsamkeiten waren für alle neun ziemlich egal. Stattdessen haben sich in der Studie immer wieder zwei andere Faktoren als entscheidend herauskristallisiert: Ob jemand nett und emotional stabil ist.
Paare, die nett zueinander waren und gleichzeitig eine hohes Maß an emotionaler Stabilität aufwiesen, führten glücklichere Ehen.
Das heißt: Wenn du nett zu deinem Mann bist, und keine (oder nur selten) emotionale Ausbrüche hast, reicht das schon für eine glückliche Ehe. Mehr braucht es gar nicht.
Meine Großeltern sind dafür ein schönes Beispiel.
Sie waren etwa 20 Jahre alt, als sie geheiratet haben und sind bis heute glücklich verheiratet. Obwohl ihre Persönlichkeiten kaum unterschiedlicher sein könnten und sie nicht ein einziges gemeinsames Hobby haben. Okay, im Sommer kümmern sie sich gemeinsam um den Garten, aber sonst: nada. Sie sehen nicht einmal zusammen fern. Für ihr Eheglück war das nie wichtig.
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Es kann sogar gut sein, wenn du keine Gemeinsamkeiten mit deinem Ehemann hast
Es hat sogar Vorteile, wenn man sich unterscheidet. Wenn ihr unterschiedliche Typen seid, könnt ihr euch ergänzen und das kann durchaus nützlich sein.
Mein Mann denkt zum Beispiel an Deadlines, während ich sie gnadenlos vergessen würde. Ich habe keine Ahnung, wann das Auto zur Inspektion muss, oder wann die Katzen wieder eine Wurmkur brauchen. Aber mein Mann weiß das.
Dass dein Mann so anders ist als du, hat dich vermutlich am Anfang sogar an ihm gereizt. Vielleicht hast du dich in ihn verliebt, weil er so bodenständig und verlässlich war. Heute fragst du dich dagegen, ob er schon immer so unflexibel war und wünschst dir mehr Spontanität. Dabei geht es hier um dieselbe Eigenschaft, nur von einer anderen Seite betrachtet.
Was am Anfang toll war, weil es die perfekte Ergänzung zu dir war, ist heute der Grund, warum du dich fragst, ob ihr überhaupt zusammenpasst. Der einzige Unterschied zwischen damals und heute ist dein Fokus.
Das passiert leider früher oder später in jeder Beziehung und ist überhaupt nicht schlimm.
Die Paare, die es schaffen und auch Jahrzehnte später noch glücklich miteinander sind, sind diejenigen, die ihren Fokus wieder auf das Positive an ihrem Partner lenken können.
Dasselbe gilt übrigens für unterschiedliche Hobbys. Es ist vollkommen egal, wenn ihr unterschiedliche Dinge gerne macht. Im Gegenteil: Es kann eure Beziehung bereichern.
Ihr macht, was euch erfüllt, und kommt im Anschluss glücklich wieder zusammen und könnt dem Anderen davon erzählen. So geht euch nicht nur der Gesprächsstoff nicht aus, ihr könnt sogar noch voneinander lernen.
Lesetipp: 6 Maßnahmen, mit denen du eure Beziehung stärken kannst
Keine Gemeinsamkeiten mehr? Deine Einstellung macht den Unterschied
Wenn du dich darauf einschießt, dass es furchtbar ist, dass ihr keine Gemeinsamkeiten habt, dann wirst du es auch furchtbar finden. Logisch oder?
Dabei ist selbst die Formulierung „keine Gemeinsamkeiten“ zu haben, schon etwas dramatisiert und negativ formuliert. Ihr habt vermutlich einige Gemeinsamkeiten, sie fallen dir bloß gerade nicht auf.
Ihr wünscht euch vielleicht beide ein Haus mit Garten, zwei Kindern und einem Hund in der Zukunft. Oder ihr guckt heimlich gerne Frauentausch. Oder ihr esst beide gerne Pommes mit Ketchup und Mayo. Ich könnte die Liste noch ewig fortführen. Worauf ich hinaus will: Ihr habt mit Sicherheit einiges gemeinsam, und wenn es nur Kleinigkeiten sind.
Dieser Punkt gilt ganz besonders dann, wenn du denkst, dass ihr keine Gemeinsamkeiten mehr habt. Das bedeutet, früher dachtest du, dass ihr viel gemeinsam habt, aber jetzt siehst du das anders.
Menschen verändern sich zwar mit der Zeit, aber es ist selten, dass plötzlich ein ganz anderer Mensch vor dir steht, wenn nicht gravierende Dinge in seinem Leben passiert sind.
Gerade, wenn du der Meinung bist, dass ihr keine Gemeinsamkeiten mehr habt, habt ihr also wahrscheinlich noch eine ganze Menge gemeinsam.
Ganz abgesehen davon ist keine Gemeinsamkeiten zu haben, auch gar kein Grund eine Beziehung abzuschreiben. Es ist normal, dass es in einer Ehe immer wieder zu Krisenzeiten kommt.
Lesetipp: Eheprobleme lösen: Diese 6 Maßnahmen wirken IMMER
Was du tun kannst, wenn du keine Gemeinsamkeiten mehr mit deinem Ehemann hast
Das Wichtigste, was du tun musst, wenn du und dein Mann keine Gemeinsamkeiten mehr habt, ist diese Unterschiede erst einmal zu akzeptieren. Das klingt sehr abstrakt, aber ich meine damit ganz konkrete Handlungen.
Erinnere dich an den Anfang des Artikels: Die Studie besagt, dass der wichtigste Faktor für eine glückliche Ehe ist, dass ihr nett zueinander seid.
Wenn dein Mann liebend gerne zockt, du aber so gar nicht, dann ist das gar kein Problem, solange du nicht versuchst ihn davon abzuhalten, oder dich deshalb über ihn lustig machst. Akzeptanz würde in diesem Fall also bedeuten: Lass ihn machen und kommentiere es nicht negativ.
Wenn dir ein Fremder von seinen Hobbys erzählt, machst du darüber doch auch keine Witze. Bei deinem Ehemann bist du dagegen bestimmt nicht immer so nett.
Einem Fremden würdest du auch niemals all die Gründe aufzählen, warum sein Hobby blöd ist und er lieber seine Zeit anders verbringen sollte. Dann solltest du das bei deinem Ehemann doch erst recht nicht tun.
Es ist verrückt, dass wir manchmal zu fremden Menschen viel netter sind, als zu denen, die wir am meisten lieben.
Dieses Prinzip kannst du auf alles anwenden: Er geht gerne joggen, du nicht. Du guckst gerne Sitcoms, er nicht. Er hört gerne Hörbücher, du nicht. Vollkommen egal, worum es geht. Das Wichtigste ist, dass du ihm seine Vorlieben lässt und sie nicht verurteilst.
Versuche ehrlich zu verstehen, was ihm daran so viel Freude bereitet und selbst wenn du es nach 100 Versuchen noch immer nicht nachvollziehen kannst, lass ihn einfach. Wenn du das tust, bist du ganz vielen Frauen schon ein gewaltiges Stück voraus und machst deinen Mann damit sehr glücklich.
Ultimativ profitierst du selbst davon aber am meisten.
Überleg mal: Wenn dein Mann sich von dir nicht ernst genommen und verurteilt fühlt, wird er dann im Gegenzug offen und wohlwollend dir gegenüber sein? Nein, natürlich nicht. Er wird gereizt reagieren und/oder sich zurückziehen.
Das bedeutet: Wenn du deine Einstellung zu seinen Vorlieben überdenkst, wird sich auch seine Einstellung zu dir verändern. Jede zwischenmenschliche Beziehung funktioniert nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit: Wie du mir, so ich dir. Wenn du netter zu ihm bist, wird er auch netter zu dir sein. Es muss nur einer von euch Beiden den Anfang machen. Sei du diese Person.
Lesetipp: Wenn man sich nichts mehr zu sagen hat – DAS hilft
Wie ihr Gemeinsamkeiten wieder entdeckt
Wenn du die Unterschiede zwischen deinem Mann und dir akzeptiert hast, werden zwei Dinge passieren:
- Du wirst feststellen, dass ihr doch noch einiges gemeinsam habt.
- Du wirst die Unterschiede, die bleiben, gar nicht mehr so schlimm finden.
Die Situation als Ganzes wird sich deutlich entschärfen.
Das heißt aber natürlich nicht, dass du danach einfach damit leben musst, dass ihr nie wieder Dinge gemeinsam unternehmt, oder immer nur einer von euch dabei Spaß hat.
Wenn du mit gutem Beispiel voran gegangen bist, deinen Mann akzeptiert hast und sich die Situation in Folge entspannt hat, solltest du auch ein Gespräch mit deinem Mann suchen.
Du kannst natürlich auch sofort mit ihm sprechen, aber dann wird euer Gespräch nicht so produktiv sein. Erst geben, dann nehmen.
Wenn dein Mann bereits gemerkt hat, dass du seine Vorlieben und Eigenheiten akzeptierst und ihn machen lässt, wird er dir entgegenkommen wollen, weil du ihm auch schon entgegengekommen bist.
Er wird nicht nur gerne mit dir sprechen, er wird auch viel kompromissbereiter im Gespräch sein, weil er dann weiß, dass du schon einen Schritt auf ihn zugegangen bist. Du hast ihn quasi auf nette Art und Weise in Zugzwang gebracht.
Euer Gespräch sollte dann vier Komponenten enthalten:
- Aufklärung: Beide sagen, worin sie die Hauptunterschiede sehen.
- Bewertung: Beide bewerten diese Unterschiede auch im Hinblick auf die Vergangenheit. (Ist wirklich der Unterschied das Problem? Gab es diesen Unterschied nicht schon immer und früher war es kein Problem? Ist eher das Ausmaß oder das Timing das Problem?)
- Verbesserung: Sprecht über Mini-Veränderungen, die beide als Kompromiss einführen könnten.
- Ausführung: Führt die Mini-Änderungen ein und testet, ob sie für beide praktikabel sind.
In der Ehe geht es letztlich immer darum, einen Weg zu finden, der für Beide funktioniert – immer wieder aufs Neue.
Wenn ihr keine Gemeinsamkeiten mehr habt, dann ist das noch lange kein Grund zur Panik und längst noch kein Anzeichen dafür, dass ihr nicht füreinander bestimmt seid.
Stattdessen hilft es erst seine Einstellung zu dem Thema zu ändern, dann sein eigenes Verhalten und im letzten Schritt sucht man dann ein Gespräch mit dem Partner, um das Problem ein für alle mal zu lösen.