Hallo Inga,
ich habe mich im Juli von meinem Partner getrennt. Er hatte sich acht Wochen nicht gemeldet. Ich war endlich so weit, dass ich akzeptiert habe, dass er keine Klärung möchte (…)
Er hat dann wieder Kontakt aufgenommen. Wir haben wirklich viel geredet und er hat auch zugehört. Er sagte, es ginge ihm sehr schlecht. Er hätte mich für selbstverständlich genommen und keinen Respekt vor meinen Bedürfnissen gehabt. Er möchte ein besserer Mann für mich werden (…) Aber mein Vertrauen ist zerstört (…)Wir kannten uns vor der Beziehung einige Jahre durch den Kindergarten, den unsere Kinder beide besuchten (…) Ihm fiel es schwer, auf Frauen zuzugehen und ich habe nach massiver Gewalterfahrung nach Halt gesucht, so kam eines zum anderen.
(…) Was mich jedoch von Anfang an gestört hat ist, dass er sehr launisch ist und das an mir auslässt: Wenn ihm etwas nicht passt, sagt er es nicht – Wochen später zahlt er es irgendwie heim, ist aber auch dann nicht bereit, über die Ursache zu reden. Ich habe mich dann mehrere Tage zurückgezogen und ihm gesagt, dass ich an meinem Verhalten nichts ändern kann, wenn er nicht reden will. Sein Standpunkt war, dass ich darüber nachdenken müsse und selbst draufkommen solle (…)
Ich bin bestimmt nicht einfach als Partnerin. Ich bin immer sehr schnell und praktisch und überfahre ihn damit, wenn er sich weniger auskennt. Ich bin ungeduldig und unwirsch, wenn sich keine Mühe gegeben wird (…) Ich werde laut und werfe (meine) Sachen in die Ecke, wenn ich ohnehin überfordert bin und mit weiteren Sachen konfrontiert werde (wie z.B., dass seine Küchenspüle verstopft sei und ich das besser reparieren könne als er, obwohl ich gerade einen Umzug als Alleinerziehende stemme und ihm seit drei Jahren immer wieder sage, dass er das selbst erledige kann (…))Allerdings merke ich auch, dass es für ihn ein Tanz mit rohen Eiern ist. Er versucht alles richtig zu machen, mich zu unterstützen, sich mehr an Zusagen zu halten (…)
Das alles baut für mich Stress auf, weil seine Intention natürlich ist, mich zurückzugewinnen. Ich hatte ihm gesagt, dass (…) ich versuche, einen Platz für eine Verhaltenstherapie zu bekommen (…)Trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen, dass er wegen mir leidet und einsam ist. Ich habe auch Angst davor, dass ich keinen zu mir passenden Partner finde, oder mit dem Nächsten alles wieder neu verhandeln muss und es trotzdem schiefgeht, weil ich ihn überfordere (…)
Ich danke dir für deine Meinung hierzu.
Liebe Grüße, Anita
Es kursiert immer der Rat, man solle jedem eine Zweite Chance geben, aber nur EINE und dann solle man lieber einen Schlussstrich ziehen. Ich habe keine Ahnung, woher diese vermeintliche Weisheit kommt und warum sie sich so hartnäckig hält. Ich finde es weder sinnvoll jedem eine zweite Chance zu geben, noch in der Beziehung maximal einen Fehltritt zu erlauben, bevor man sie beendet.
Es gibt Partner, die verdienen keine zweite Chance und es gibt solche, die vielleicht zehn brauchen, bevor sie endlich ihr volles Potenzial entfalten. Zumal wir ja auch keine Engel sind und eines Tages womöglich selbst ein paar Chancen brauchen werden. Wer weiß das schon.
Ich vermute aber, diese „Weisheit“ rührt daher, dass die Menschen sich eine Regel wünschen, nach der sie handeln können. Es nimmt einem die Entscheidung ab. Befolgt man den Rat, weiß man, wann man verzeihen soll und wann nicht. Das ist einfacher, als selber eine Entscheidung treffen zu müssen und dann auch noch die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Glücklich wird man aber nicht, wenn man seine Entscheidungen fremdbestimmen lässt.
Ich empfehle dir deshalb, alle Regeln über Bord zu werfen. Versuche stattdessen in dich zu gehen. Du brauchst keine Glaskugel, um zu wissen ob eine Versöhnung die richtige Entscheidung wäre. Du brauchst nur die Informationen, die in deinem Inneren bereits abgespeichert sind. Dann kannst du ein kalkuliertes Risiko eingehen oder eben nicht.
Die Frage lautet eher: Wie kommst du an diese Informationen heran? Denn oft sind sie für uns nicht so klar, sondern irgendwo in unserem „Bauchgefühl“ abgespeichert. Es gibt jedoch ein paar Fragen, die dir Zugang zu diesen Informationen geben können.
Hast du auch ein Problem, zu dem du meine Meinung wissen möchtest? Dann schreib mir eine Mail an hallo@fraginga.de. Vielleicht schreibe ich meinen nächsten Artikel zu deinem Thema.
Zweite Chance für die Beziehung – wie läuft es gerade in deinem Leben?
Du schreibst, du würdest versuchen einen „Platz für eine Verhaltenstherapie zu bekommen“. Man muss kein Genie sein, um daraus zu folgern, dass es in deinem Leben gerade Probleme gibt. In so einer Situation glauben viele, dass der Partner ein Teil des Problems ist. Oft ist er aber bloß zur falschen Zeit am falschen Ort.
Je mieser du dein eigenes Leben findest, desto genervter bist du auch von deinem Mann. Der Dunst des Unerträglichen umhüllt auch ihn, einfach weil du gerade alles mies findest und er ein Teil von allem ist. Deshalb zerbrechen Beziehungen oft genau dann, wenn einer von beiden Partnern eine schwierige Zeit durchmacht. Zumal wir in so einer Situation auch selbst keine guten Partner sind und das Problem damit verschärfen. Du bist gestresst, gereizt, deprimiert, empfindlich – vervollständige diese Liste mit jeder negativen Haltung, die dir noch einfällt. Dein Partner bekommt alles ab und reagiert im Gegenzug dann distanziert, zickig, gemein, ebenfalls gereizt usw. So landet die Beziehung natürlich in einer Krise. Man kann keine glückliche Beziehung mit einem unglücklichen Partner führen.
Helfen kann hier nur, wenn mindestens einer von beiden in einer Verfassung ist, in der er die Zähne zusammenbeißen kann. Dem anderen und der Beziehung zu Liebe. Schließlich hält so eine Krise nicht ewig an, auch wenn es einem so vorkommen kann, wenn man drinsteckt.
Was bedeutet das jetzt für dich?
Überleg dir genau, in welcher Verfassung dein Leben zum Zeitpunkt eurer Trennung war. Vielleicht war eine Krise schuld, mit der dein Partner eigentlich nichts zu tun hatte. Ist dieser Umstand noch immer Teil deines Lebens? Wäre dein Partner bereit, die Zähne zusammenzubeißen, während du deine Krise überwindest? Das sind alles Faktoren, die den Erfolg oder die Niederlage einer zweiten Chance bestimmen.
Tipp: Die Verhaltenstherapie basiert auf dem Prinzip, dass bestimmte Denkweisen erlernt wurden, die zu störendem Verhalten führen. Diese Denkweisen können aber auch wieder verlernt werden und hier setzt die Therapie an. Man lernt also neue Denk- und Verhaltensmuster. Auf diesem Grundgedanken basiert auch das Buch „Die vier Versprechen“ von Miguel Ruiz. Du kannst es hier bei Amazon bestellen.* Ruiz argumentiert, dass Kinder alles ungefiltert übernehmen, was ihre Eltern ihnen vermitteln. Als Erwachsene glauben wir diesen falschen „Gesetzen“, wie er sie nennt, die wir verinnerlicht haben. Das Ergebnis: Wir leiden. Um dieses Leid zu beenden, schlägt Ruiz vier Versprechen vor, nach denen wir leben sollten. Ich finde das Buch sehr lesenswert, wenn man daran interessiert ist, seine inneren Glaubenssätze zu hinterfragen.
Zweite Chance für die Beziehung – hat er seine Fehler eingesehen (und du deine)?
Wir Menschen wollen uns selbst möglichst positiv sehen. Tun wir etwas, das dieses positive Bild von uns stört, tun wir fast alles, um es wiederherzustellen. Dazu gehört auch: leugnen, verharmlosen, einen anderen Sündenbock suchen und sogar lügen.
Tut dein Ex-Partner irgendwas davon, ist eine Versöhnung schwierig. Du kannst es als Zeichen nehmen, dass er unfähig ist, sein eigenes Verhalten zu reflektieren.
Du schreibst, dass er dir gesagt hätte, er hätte dich „für selbstverständlich genommen“ und „keinen Respekt“ vor deinen Bedürfnissen gehabt. Das hat er also eingesehen. Das ist ein gutes Zeichen. Er kann sein Verhalten offenbar reflektieren. Wenn er das kann, kann er es auch ändern. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.
Eine zweite Chance für die Beziehung muss ein Neuanfang sein, damit es beim zweiten Mal besser laufen kann. Das heißt: Man kann nicht einfach da weitermachen, wo man aufgehört hat. Würdet ihr so weitermachen wie vorher, würdet ihr auch wieder genau da landen, wo ihr jetzt seid.
Natürlich weiß ich nicht, ob das schon alles war. Vielleicht hat er noch mehr getan, wofür er noch keine Einsicht gezeigt hat. Immerhin schreibst du, dass dein Vertrauen „zerstört“ sei. Versuch für dich zu reflektieren, ob er alle seine Fehler eingesehen hat und ob wirklich nur sein Verhalten an deinem mangelnden Vertrauen schuld ist. Du schreibst auch, dass du „massive Gewalterfahrungen“ gesammelt hast, so etwas vergeht nicht spurlos.
Eine Randnotiz: Seid ihr bereits getrennt und überlegst du, ob du ihn zurücknehmen sollst? Oder seid ihr eigentlich noch ein Paar, aber du überlegst dich zu trennen und haderst mit dieser Frage? Wenn letzteres der Fall ist, habe ich die ultimative Entscheidungshilfe für dich entwickelt. Immer wieder wenden sich Frauen an mich, die wirklich jeden Tag mit Gedanken an eine Trennung spielen, aber einfach keine endgültige Entscheidung treffen können. Und auch in der Paartherapie sehe ich immer wieder Frauen, die zwar zu jeder Sitzung erscheinen, aber insgeheim trotzdem hin- und hergerissen sind, ob es sich überhaupt noch lohnt an der Beziehung zu arbeiten. Der ganze Prozess wird dadurch torpediert. Die Paartherapie kann erst dann etwas bringen, wenn beide Partner sich für einander entschieden haben und bereit sind, an sich zu arbeiten. So lange diese Entscheidung nicht feststeht, bringt selbst eine Paartherapie nichts. Alle Informationen zu meiner Entscheidungshilfe findest du hier: Trennen oder bleiben? Die ultimative Entscheidungshilfe
Jetzt, wo wir schon bei dir sind: Hast du denn deine Fehler auch eingesehen, oder bist du noch dabei dein positives Selbstbild zu schützen?
Du schreibst zwar, dass du „bestimmt nicht einfach als Partnerin“ bist, aber das begründest du damit, du seist „schnell und praktisch“. Das sind beides positive Eigenschaften und nichts, was eine schwierige Partnerin ausmachen würde. Weiter schreibst du, du würdest ihn damit „überfahren“, „wenn er sich weniger auskennt“. Bedeutet das, dass du ihm eine Teilschuld gibst? Denn wenn er sich besser auskennen würde, würdest du ihn mit deiner Art auch nicht „überfahren“?
Du sagst auch, dass du „laut“ wirst und deine „Sachen in die Ecke“ wirfst. Hier erkennst du dein eigenes negatives Verhalten, aber du relativierst es direkt. Du würdest dich nur so benehmen, wenn du „ohnehin überfordert“ wärst und dann noch mit „weiteren Sachen konfrontiert“ würdest. Dann zählst du lauter Beispiele auf, die deinen Punkt untermauern sollen. Du entschuldigst dein Verhalten damit.
Ich habe hier natürlich nur Momentaufnahmen, aber kann es sein, dass du deine eigenen Fehler nicht zu 100% erkennst?
Wir Frauen sind oft richtig gut darin, unseren Partnern mitzuteilen, womit wir ein Problem haben. Das ist großartig, weil man so Beziehungen retten kann. Männer sind da oft nicht so engagiert. Sie gehen eher auf Distanz, was zur Folge hat, dass wir gar nicht wissen, wenn wir uns ihnen gegenüber blöd verhalten haben. Viele Männer leben lieber mit einem verletzenden Verhalten ihrer Partnerin, als es anzusprechen. Das würde den meisten Frauen im Traum nicht einfallen.
Du schreibst sogar, dass dich das „von Anfang an gestört hat“. Weil dein Ex-Partner, es nicht sagt, „wenn ihm etwas nicht passt“. Du schreibst auch, dass du an deinem „Verhalten nichts ändern“ könntest, „wenn er nicht reden will“. Das stimmt nicht. Er macht es sich natürlich einfach, wenn er den Standpunkt vertritt, dass du „darüber nachdenken“ müsstest und dann „selbst draufkommen“ solltest. So muss er sich nicht überwinden und über seine Gefühle sprechen. Für eure Beziehung wäre es natürlich besser, wenn er offen mit dir reden würde. Aber sein Verhalten kannst du leider nicht ändern – deins schon.
Um deiner Selbst willen, versuch dein Fehlverhalten zu identifizieren. Nicht um ihm die Arbeit abzunehmen, sondern damit du in Zukunft nicht mehr dieselben Probleme in deiner nächsten Beziehung hast – ob mit ihm oder einem anderen. Denn lass dich nicht täuschen: Was du jetzt mit ihm nicht hinkriegst, wirst du in der nächsten Beziehung wahrscheinlich auch nicht besser machen. Also lern dich selbst besser kennen. Dazu gehören auch deine Schwächen.
Lesetipp: Soll ich die Beziehung beenden? 8 Fragen, die Aufschluss geben
Zweite Chance für die Beziehung – kannst du damit leben, wie er ist?
Es ist doch so: Die meisten Konflikte, die man in einer Beziehung hat, hat man für immer. Ehepaare streiten immer wieder um dieselben Dinge, weil ihre Konflikte nicht lösbar sind.
Wenn du viel Wert auf Sauberkeit legst, während dein Mann Krümel auf dem Küchenboden normal findet, werdet ihr ewig deswegen streiten. Du wirst ihn nie davon überzeugen können, dass Krümel auf dem Boden inakzeptabel sind. Genauso wie er dich nie vom Gegenteil überzeugen wird. Hier knallen unterschiedliche Werte und Persönlichkeiten auf einander.
Du schreibst, dass er „ein besserer Mann“ für dich werden möchte. Das ist eine beeindruckende Aussage. Darin steckt viel Liebe. Wir wollen uns nur für Menschen ändern, die uns viel bedeuten. Und wer sich ändern will, kann das auch schaffen. Diese Aussage ist also ein sehr gutes Zeichen für dich. Aber wärst du auch glücklich mit ihm, wenn er sich nicht ändern würde?
Denn die Sache ist die: Wir können unser Verhalten dem Partner zu Liebe ändern, aber unser Wesen und unsere Werte ändern wir nur dann, wenn wir es um unserer Selbst willen wirklich wollen – und das passiert selten. Die meisten Menschen finden nämlich grundsätzlich, dass sie gute Werte vertreten und sie mögen auch ihre wesentlichen Charakterzüge.
Um bei unserem ersten Beispiel zu bleiben: Dein Partner würde vielleicht alle paar Tage die Küche wischen, um dich glücklich zu machen, aber er wird nicht jeden Tag den Putzlappen schwingen, weil er jetzt selber jeden einzelnen Krümel sofort sieht und nicht ertragen kann. Das entspricht einfach nicht seinem Wesen.
Deshalb lautet auch die Frage: Könntest du mit deinem Ex-Partner leben, so wie er als Mensch ist? Er wird sich mit Sicherheit ein wenig verändern und anpassen. Er wird vielleicht eine bessere Version seines alten Ich werden, aber er wird kein neuer Mensch werden.
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Zweite Chance für die Beziehung – glaubst du, dass er das Problem war?
Wenn du denkst, dass du mit einem besseren Partner glücklich und zufrieden bis ans Ende deiner Tage leben würdest, solltest du deinem Ex vermutlich eine zweite Chance geben. Das ist nämlich ein absoluter Irrglaube.
Ähnliches gilt, wenn du glaubst, dass dein Ex-Partner sich jetzt richtig ins Zeug legen müsste, um dich zurückzugewinnen (während du dich entspannt zurücklehnen kannst, bis du entschieden hast, ob du ihm verzeihen willst). Es ist zwar einfach in diese Falle zu tappen, wenn er derjenige ist, der eine zweite Chance will, aber auch das ist ein Trugschluss. Egal, wie dünn du den Teig ausrollst, er hat zwei Seiten.
Du hast eine Teilschuld an eurer Misere, genau wie er eine Teilschuld trägt. Ihr habt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Fehler gemacht, aber ihr habt beide Fehler gemacht. Wenn du glaubst, dass er das Problem war, hast du deine eigenen Fehler noch nicht eingesehen – und dann wirst du sie bei einem zweiten Versuch wieder machen.
Nutze diese Zeit jetzt, um darüber nachzudenken, wie du zu dem Ganzen beigetragen hast und was du bereit bist zu ändern. Willst du mit ihm gemeinsam eure Probleme angehen? Das bedeutet immer, dass du auch an dir selbst arbeiten musst. Möchtest du das?
Falls deine Antwort „Ja“ ist, ist eine Paartherapie genau das Richtige für euch. Hier lernt ihr beide, wo eure Stolperfallen sind und wie ihr es gemeinsam schafft, in Zukunft nicht mehr hineinzutreten und eine bessere Beziehung aufzubauen. Du kannst mich gleich hier für ein Erstgespräch kontaktieren.
Zweite Chance für die Beziehung – findest du, ihr seid besser als Freunde?
Entgegen dem Bauchgefühl, das du vielleicht hast, ist die Friendzone vermutlich der beste Ort, um einen Partner fürs Leben zu finden. Ihr könnt gemeinsam lachen, ihr vertraut euch blind und ihr liebt euch als Menschen wirklich. Ihr kennt euch außerdem sehr gut. Ihr wisst, was ihr an einander habt und was nicht. Wenn das keine idealen Bedingungen für „bis dass der Tod euch scheidet“ sind, dann weiß ich auch nicht.
Was war das Problem, das eure Beziehung beendet hat? Fehlte euch das Knistern? Lief es im Bett nicht? Denn das trifft einen gewaltigen Anteil an Paaren früher oder später sowieso. Wenn sich jedes Ehepaar scheiden lassen würde, sobald es eine Flaute erlebt, würde vermutlich niemand mehr gemeinsam das hohe Alter erreichen.
Darüber redet fast niemand, aber Erotik ist eines der Top 4 Probleme in allen Beziehungen. Der Haushalt, das Geld, Sex und die Schwiegereltern – darüber streitet wirklich jeder. Dabei sind diese Probleme per se keine K.O.-Kriterien. Denn offensichtlich gibt es ja viele Paare, die es erfolgreich schaffen, mit diesen Dingen umzugehen.
Wenn Anziehung euer einziges Problem war, lohnt sich vielleicht eine zweite Chance für die Beziehung. Selbst wenn das Knistern nie da war. Erotik ist Kopfsache. Man kann lernen, einen Menschen in einem anderen Licht zu sehen.
Lesetipp: 4 unscheinbare Dinge, mit denen du deine Beziehung selbst zerstörst.
Zweite Chance für die Beziehung – ist er ehrlich?
In einer Beziehung ist wirklich alles Verhandlungssache. „Normal“ ist eigentlich nichts, weil es für jeden etwas anderes bedeutet. Wir verhandeln, was in unseren Beziehungen „normal“ ist. Dafür braucht es jedoch einen Partner, der ehrlich ist.
Jetzt kann er dir natürlich viele Dinge sagen, ob sie auch wirklich so sind, ist eine andere Sache. Woher weiß man also, ob jemand ehrlich ist? Vor allem, wenn er es schon einmal nicht gewesen ist?
Ein wichtiger Indikator für Ehrlichkeit ist, wenn seine Worte und seine Taten übereinstimmen. Tun sie das nicht, ist irgendwas im Unreinen. Weitere Hinweise sind diese:
- Habt ihr seit der Trennung tiefgründige Gespräche über eure Beziehung geführt? Was gut lief? Was gefehlt hat? Wo ihr euch in Zukunft seht? Du schreibst ihr hättet „wirklich viel geredet“ und er hätte „auch zugehört“. Das ist Gold wert.
- Will er sein Verhalten wiedergutmachen? Der größte Hinweis auf zukünftiges Verhalten ist relevantes vergangenes Verhalten. Also: Wie benimmt er sich seit der Trennung? Wenn er sein geläutertes Ich nicht einmal eine Woche als Single aufrechterhalten kann, wird er es auch nicht können, nachdem ihr wieder ein Paar seid. Du schreibst, dass „er versucht alles richtig zu machen“ und dich „zu unterstützen“. Er würde auch versuchen, „sich mehr an Zusagen zu halten“. Auch das sind gute Zeichen.
- Hat er eine neugewonnene Hingabe für dich? Hilft er dir zum Beispiel plötzlich viel mehr bei etwas? Ist er plötzlich anhänglicher? Das sind Indizien dafür, dass er echte Reue über sein vergangenes Verhalten verspürt.
Man macht es sich einfach, wenn man mit der Einstellung durchs Leben geht: Ich bin wie ich bin und jeder muss mich so nehmen. Manchmal sind wir auch einfach kacke. Muss der Rest der Welt uns dann so akzeptieren? Wenn du einen Menschen gefunden hast, der bereit ist einen ehrlichen Blick in den Spiegel zu werfen und für dich an sich zu arbeiten, hast du jemand Besonderen gefunden.
Lesetipp: Er ist der perfekte Mann, aber du liebst ihn trotzdem nicht? DAS ist der wahre Grund dafür
Zweite Chance für die Beziehung – wie fühlst du dich?
Es gibt ein paar Dinge, die ziemlich gute Hinweise dafür sind, dass eine zweite Chance für die Beziehung keine gute Idee ist. Im Großen und Ganzen lassen sie sich als negative Gefühle zusammenfassen. Solche Dinge wie Angst, ein schlechtes Gewissen, Eifersucht oder auch eigentlich gute Dinge wie Nostalgie oder Pragmatismus. Lass uns diese Gefühle genauer betrachten.
1. Ein schlechtes Gewissen
Du schreibst, du hättest „ein schlechtes Gewissen“, weil er wegen dir „leidet und einsam ist“. Ich kann dich beruhigen. Es gibt viele Menschen, die vollkommen zu Unrecht ein schlechtes Gewissen entwickeln. Du gehörst offenbar dazu.
Ein schlechtes Gewissen ist eigentlich dafür gedacht, unser Verhalten zu regulieren, wenn wir etwas Unrechtes tun. Nicht mit jemandem zusammensein ist jedoch nichts Schlimmes. Du bist mit Milliarden Menschen auf der Welt nicht zusammen, deshalb hast du noch nichts Schlimmes getan – und deswegen sind diese Menschen noch nicht einsam. Ob er leidet oder ob er einsam ist, ist vollkommen unabhängig von dir. Er hat vielleicht Familie oder Freunde, vielleicht eine erfüllende Arbeit oder Hobbys. In jedem Fall könnte er auch ohne dich ein erfülltes Leben leben. Wenn er dies nicht tun sollte, ist das nicht deine Schuld.
Wenn der einzige Grund für eine zweite Chance Mitleid oder ein schlechtes Gewissen ist, reicht das nicht.
2. Angst
Du schreibst außerdem, dass du auch „Angst davor“ hättest, keinen zu dir „passenden Partner“ zu finden. Auch „mit dem Nächsten alles wieder neu verhandeln“ zu müssen, macht dir Angst, weil du glaubst es könne trotzdem schiefgehen, weil du den Neuen „überfordern“ könntest.
Positiv ist, dass du „auch Angst“ hast. Das bedeutet, dass Angst wohl nicht der einzige Grund ist, aus dem du überlegst, ob sich eine Versöhnung lohnt. Ein wenig Angst ist nämlich normal.
Eine Trennung birgt immer das Ungewisse. Du weißt nicht, was oder wer in deiner Zukunft auf dich wartet. Wir Menschen wollen aber immer alles wissen, weil uns das Sicherheit gibt. Sicherheit findet unser Gehirn super, weil es dann Gefahren besser abschätzen kann. Dein Gehirn ist nicht logisch. Es will dich in erster Linie am Leben erhalten. Deshalb liebt unser Gehirn Gewohntes. Das Gewohnte hast du schon mal überlebt. Dein Ex ist das Gewohnte.
Es ist also erst einmal nur logisch, dass dein Gehirn dir Angst macht, wenn es darum geht, das Gewohnte zu verlassen. Ist Angst alleine ein guter Grund für eine Versöhnung? Nein, natürlich nicht. Aber Angst ist normal.
Wenn du wissen möchtest, wie du es schaffst, die Ängste, die dich blockieren zu überwinden, dann ist meine Entscheidungshilfe „Trennen oder bleiben?“ genau das richtige für dich. In einer Lektion beschäftigen wir uns intensiv nur damit, deine Ängste zu verstehen, aufzulösen oder richtig einzuordnen. In der Entscheidungshilfe führe ich dich eine Woche lang Schritt für Schritt durch den Entscheidungsprozess, der dir ermöglicht, endlich den Weg zu finden, der für dich genau richtig ist. Am Ende zählt nämlich nur das. Du kannst 100 Freundinnen fragen, was du tun sollst. Keine wird es wissen. Nur du weißt, was für dich das Beste ist und meine Entscheidungshilfe zeigt dir, wie du an dieses Wissen in deinem Inneren herankommst. Erfahre hier mehr: Trennen oder bleiben? Die ultimative Entscheidungshilfe
3. Nostalgie
Unser Gehirn liebt Gewohntes, das wissen wir jetzt. Wenn du das Gewohnte verlassen hast, kann es passieren, dass dein Gehirn versucht dich auszutricksen. Du erinnerst dich plötzlich nur noch an das Gute in der Beziehung. Das Schlechte, weshalb die Beziehung beendet wurde, erscheint dir nicht mehr so schlimm.
Das kann zum echten Problem werden. Wenn du viel Zeit mit deinem Ex verbracht hast, habt ihr vermutlich einen Haufen schöner Erinnerungen. Das heißt aber nicht, dass die schlechten nicht so gravierend waren, dass eine Trennung die richtige Entscheidung war.
Psychologe und Beziehungsforscher John Gottman hat untersucht, was das ideale Verhältnis von positiven zu negativen Interaktionen in einer Beziehung ist: 5 zu 1. Kommen fünf positive auf eine negative Interaktion, sind wir in der Beziehung glücklich. Versuch ehrlich abzuwägen, wie euer Verhältnis war.
4. Eifersucht
Wenn du daran denkst, dass dein Ex eine neue Partnerin haben könnte, wirst du dann traurig? Oder wütend? Oder eifersüchtig? Das sind alles normale Reaktionen und noch kein Grund, um wieder ein Paar zu werden.
Selbst wenn du wüsstest, dass eure Beziehung enden musste, wäre es nicht zwingend einfach, deinen Ex mit einer anderen Frau zu sehen. Liebe verschwindet nicht, wenn eine Beziehung beendet wird. Es kann durchaus sein, dass du noch romantische Gefühle für jemanden hast, selbst wenn er nicht der Richtige für dich ist.
5. Pragmatismus
Es gibt oft auch praktische Gründe für eine Versöhnung. Vielleicht habt ihr denselben Freundeskreis oder deine Familie liebt deinen Ex. Vielleicht würdest du auch finanziell besser dastehen, wenn ihr wieder ein Paar werden würdet. Ich bin immer dafür die Dinge praktisch zu sehen, aber wenn es um die Wahl deines Partners geht, reicht Pragmatismus alleine nicht.
Wenn du nur praktische Gründe für eine zweite Chance aufzählen kannst, ist das kein gutes Zeichen. Am Ende sind weder deine Freunde noch deine Familie mit ihm zusammen und auch Geld kann mehr Probleme schaffen, als es löst.
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Letzte Frage: Hast du ihm schon mal eine zweite Chance gegeben?
Es gibt keine Faustregel, wie viele Chancen man jemandem geben sollte, aber je nachdem, was du für ein Mensch bist, brauchst du diese zweite Chance vielleicht mehr als er.
Würdest du dich immer wieder mit „Was wäre, wenn…“-Gedanken quälen, wenn du ihm keine zweite Chance geben würdest? Manchmal ist eine zweite Chance auch einfach das, was man braucht, um eine Beziehung guten Gewissens beenden zu können.